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Positionen der Kandidat:innen im Wahlkreis 169: "Krieg gegen den Terror beenden"? Vertrauensaufbau?

Aktualisiert: 20. Sept. 2021


Frage des Forums 169 an die Direktkandidat:innen im Wahlkreis 169: und alle Bürger:innen

Was halten sie von der Aufforderung des Bürgermeisters von Hiroshima von der Abschreckung hin zum Vertrauensdialog umzusteuern. Wie stehen Sie zur Frage der Wiederaufnahme von Gesprächen im Rahmen des NATO-Russland-Rats? Sind sie dafür, jetzt überall friedliche Lösungen zu suchen und vor allem auch nach der Erfahrung des Afghanistankrieges die Militärinterventionen und den „Krieg gegen den Terror“ zu beenden?





Sabine Leidig, Direktkandidatin, Die Linke im Wahlkreis 169

„All dies halte ich für sinnvoll und notwendig.“






Awet Tesfaiesus, Direktkandidatin Bündnis 90/Die Grünen im Wahlkreis 169

Krieg ist in seltenen Fällen ein Übel, dass man wohl hinnehmen muss. Ich halte es für wahrscheinlich, dass es durchaus „notwendige“ Kriege gibt. Andererseits lehrt die Geschichte der vergangenen 75 Jahre mich, dass diese "notwendigen Kriege" bestenfalls eine Ausnahme sind, die die Regel bestätigen. Krieg ist in meinen Augen nicht die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Vielmehr markiert der Beginn eines kriegerischen Konfliktes in der Regel das Ende der Vernunft. Die Aufnahme von Gesprächen ist Voraussetzung für ihre Rückkehr. Hierneben bin ich aber nicht davon überzeugt, dass der NATO-Russland-Rat ein taugliches Gremium für humanistische Friedenspolitik ist, z.B. weil viele Stimmen hier nach meiner Einschätzung ungehört bleiben. Die richtige Rolle der Bundeswehr ist die einer territorialen, d.h. auf die Integrität des Bundesgebiets fokussierten, Verteidigungsstreitmacht. Hierfür besteht in meinen Augen sowohl eine breite gesellschaftliche Akzeptanz als auch ein grundgesetzliches Mandat. Eine Einbindung in ein System kollektiver Sicherheit ist hiermit in vielerlei Hinsicht vereinbar (ich erinnere an den AWACS-Beschluss des BVerfG). Ob dies künftig richtigerweise noch die NATO sein wird, oder ob es nicht naheliegender Weise eher eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft, möglicherweise in Gestalt ein fortentwickelten Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) ist, scheint mir aktuell eine offene Frage. Einer entsprechenden Europäischen Sicherheitsgemeinschaft stehe ich jedenfalls nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. Schließlich ist mir nicht zweifelsfrei klar, was hinter dem Begriff „Krieg gegen den Terror“ wirklich steht; was keineswegs die Schuld ihrer Frage ist. Unter diesem Begriff lassen sich m.E. eine Vielzahl von politischen Projekten zusammenfassen, von denen mir keines als besonders gemeinwohlförderlich aufgefallen ist. Interventionistischen Kampfeinsätzen, die wir wohl ehrlicherweise Kriegseinsätze nennen sollten, stehe ich grundsätzlich skeptisch gegenüber.“


Heide Schmidt, Direktkandidatin der MLPD im Wahlkreis 169

Ich kann dazu nicht viel sagen. Auf wen oder was bezieht sich die Abschreckung, und zwischen wem soll ein Vertrauensdialog geführt werden? Ich kann dem nur das Solidaritätslied entgegensetzen: „Schwarzer, Weißer, Brauner, Gelber! Endet ihre Schlächtereien! Reden erst die Völker selber, werden sie schnell einig sein.

Ich habe mich bisher noch nicht mit diesem NATO-Russland-Rat beschäftigt. Aber die NATO ist ein imperialistisches Militärbündnis, und für mich steht die Forderung, dass die BRD aus der NATO austreten und die NATO selbst aufgelöst werden soll. Sind sie dafür, jetzt überall friedliche Lösungen zu suchen und vor allem auch nach der Erfahrung des Afghanistankrieges die Militärinterventionen und den „Krieg gegen den Terror" zu beenden?- Die Frage stellt sich doch, wer mit wem friedliche Lösungen suchen soll, die Schafe mit den Wölfen?! In Afghanistan ist der US-Imperialismus mit seiner imperialistischen Besatzerpolitik und mit ihm die Politik der deutschen Auslandseinsätze gescheitert. Deshalb steht für mich die Forderung nach Beendigung aller Auslandseinsätze und -"missionen" der Bundeswehr! Ich bin für das Selbstbestimmungsrecht des afghanischen Volks und aller unterdrückten Völker wie der Kurden und der Palästinenser! Und das beinhaltet ihr recht auf nationale und soziale Befreiung. Der Krieg gegen den Terror ist ein Vorwand, er richtet sich vor allem gegen alle revolutionären Bestrebungen.“


Michael Roth, Direktkandidat der SPD im Wahlkreis 169

„Wir haben uns gemeinsam mit unseren Partnern in der EU, in NATO, Europarat und OSZE für den zugegebenermaßen schwierigeren Weg entschieden: möglichst belastbare Gesprächskanäle für die Lösung gemeinsamer Probleme offenhalten UND im direkten Umgang mit Moskau Klartext reden. Natürlich haben wir ein großes Interesse an einem besseren Verhältnis zu Russland. Das haben wir der russischen Seite bilateral und im EU-Rahmen immer wieder deutlich gemacht. Zahlreiche Kooperationsangebote liegen auf dem Tisch - auch ein Angebot der NATO für eine Sitzung des NATO-Russlands-Rats, der zuletzt 2019 getagt hat. Leider gibt es in Moskau derzeit keine Bereitschaft, die bestehenden Gesprächskanäle für einen offenen, ehrlichen und faktenbasierten Dialog zu nutzen. Zur Prävention und Beilegung von Krisen und Konflikten setzen wir auf das Primat der Politik und die Instrumente der zivilen Konfliktbearbeitung. Deutschland hat mit seinen sozialdemokratischen Außenministern in den vergangenen Jahren erfolgreich zur Entschärfung internationaler Krisen und der Vermittlung von Frieden beigetragen. Grundsätzlich machen wir uns Entscheidungen über militärische Einsätze niemals leicht. Wir prüfen, streiten, entwickeln Konzepte und kommen dann im Bundestag zu gemeinsamen Entscheidungen. Das ist eine Stärke, keine Schwäche unserer deutschen Parlamentsarmee. Häufig erleben wir isolierte Debatten über militärische Maßnahmen - und das, obwohl Deutschland den gesamten außenpolitischen Instrumentenkasten zur Anwendung bringt. Unser militärisches Engagement ist stets eingebettet in einen umfassenden Gesamtansatz, bei dem politische, humanitäre und entwicklungspolitische Aktivitäten ineinandergreifen. Militärisches und ziviles Engagement sind keine Gegensätze, sondern sie bedingen einander gegenseitig. Der Afghanistan-Einsatz muss sorgfältig aufgearbeitet werden. Ich habe den Militäreinsatz für richtig gehalten, weil es ohne militärischen Schutz keine Sicherheit und keinen Aufbau geben kann. Fast zwei Jahrzehnte haben viele intensiv daran gearbeitet, das Leben der Menschen in Afghanistan zu verbessern. Infrastruktur wurde aufgebaut. 20 Jahre haben die Menschen in Afghanistan, vor allem Mädchen und Frauen, wieder Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung gehabt. Das droht jetzt alles wieder zunichte gemacht zu werden. Das ist eine furchtbare Tragödie für die Menschen. Bei der Komplexität und langen Geschichte des Engagements geht es jetzt darum, die Geschehnisse und die Ereignisse angemessen aufzuarbeiten. Wir haben als SPD-Bundestagsfraktion in einem im Juni 2021 verabschiedeten Positionspapier deswegen eine Gesamtevaluierung des zivilen, polizeilichen und militärischen Engagements in Afghanistan gefordert. Um unser Handeln zu bewerten und Lehren für die Zukunft zu ziehen, fordern wir dafür die Einsetzung einer Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages in der kommenden Legislaturperiode.“


Von anderen Direktkandidaten haben wir bisher keine Antwort erhalten oder nur eine allgemeine Antwort, wie vom CDU-Kandidaten, Wilhelm Gebhardt: Antworten der Direktkandidaten zum Bundestag im Wahlkreis 169 auf die Fragen des Forums 169 (internationale-friedensfabrik-wanfried.org)


Beiträge von Nicht-Direkt-Kandidaten, Politiker:innen und Bürger:innen aus dem Wahlkreis 169: Sie können vor und nach der Wahl gern noch Beiträge schicken, wir werden sie hier veröffentlichen: forum@gmx.net



Andreas Heine, Kandidat auf der Landesliste der DKP:

„Die Hauptfluchtursachen sind Hunger und Armut, Unterentwicklung Gewalt und Unterdrückung. Sie können nur durch gerechte Wirtschaftsbeziehungen, durch den Aufbau von Entwicklungsperspektiven und friedliche Konfliktlösung überwunden werden. Der Neokolonialismus muss überwunden werden, Rüstungsexporte sind zu verbieten.“


zum Hintergrund:


Auf die FriedensFragen brauchen wir Antworten: Wir stellen sie Kandidaten im Wahlkreis 169 und Euch



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