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AutorenbildWolfgang Lieberknecht

13: Unter US-Führung, der "kriegerischsten Macht der Geschichte", ist keine Friedensordnung möglich


Fortsetzung des Hörbuchen: Der Historiker Bernd Greiner hat ein hier zum Anhören präsentiertes Buch über die US-Außenpolitik nach 1945 geschrieben und bezieht sich dabei unter anderen auf den früheren US-Präsidenten Jimmy Charter. Darüber berichten wir nach dem letzten Video des Hörbuches und auch über den Autor, Bern Greiner, der bald beim TAZ-TALK zu sehen und zu hören sein wird, auch dazu am Ende.











Charter: Während seines regelmäßigen Sonntagsschulunterrichts in der Maranatha Baptist Church in seiner Heimatstadt Plains, Georgia, enthüllte Jimmy Carter, dass er kürzlich mit Präsident Donald Trump über China gesprochen hat. Carter, 94, sagte, Trump sei besorgt über Chinas wachsende Wirtschaft und äußerte Bedenken, dass "China uns überholt". Carter, der 1979 die diplomatischen Beziehungen zwischen Washington und Peking normalisierte, sagte, er habe Trump gesagt, dass ein Großteil des chinesischen Erfolgs auf dessen friedliche Außenpolitik zurückzuführen sei. "Weißt du, wieviele Kriege China seit 1979 geführt hat?" fragte Carter. "Keine, und wir hatten durchgehend Krieg." Es stimmt, dass Chinas letzter großer Krieg - eine Invasion in Vietnam - 1979 stattfand, als seine Volksbefreiungsarmee Grenzregionen Vietnams mit Artillerie beschoss und seine Marine in den 1980er Jahren gegen ihr vietnamesisches Gegenstück kämpfte. Seitdem ist China jedoch im Frieden mit seinen Nachbarn und der Welt. Carter sagte dann, dass die USA nur 16 von ihren 242 Jahren als Nation in Frieden verbracht haben. Zählt man Kriege, militärische Angriffe und militärische Besetzungen zusammen, so gab es in der Geschichte der USA eigentlich nur fünf Jahre Frieden - 1976, das letzte Jahr der Regierung Gerald Ford und 1977-80, die gesamte Präsidentschaft Jimmy Carters. Carter bezeichnete die Vereinigten Staaten von Amerika dann als "die kriegerischste Nation in der Geschichte der Welt", ein Ergebnis dessen, sagte er, dass die USA andere Länder zwangen, "unsere amerikanischen Prinzipien zu übernehmen". Chinas Friedensdividende hat sein Wirtschaftswachstum ermöglicht und verbessert, sagte Carter. "Wie viele Meilen Hochgeschwindigkeitsbahn haben wir in diesem Land?", fragte er. China verfügt über rund 29.000 Kilometer Hochgeschwindigkeitsstrecken, während die USA "3 Billionen Dollar für militärische Ausgaben verschwendet haben." Laut einer Studie vom November 2018 des Watson Institute of International and Public Affairs der Brown University haben die USA seit 2001 5,9 Billionen Dollar für Krieg im Irak, Syrien, Afghanistan, Pakistan und anderen Ländern ausgegeben. "Es ist mehr, als Sie sich vorstellen können", sagte Carter über die Kriegsausgaben der USA. "China hat keinen einzigen Cent für den Krieg verschwendet, und deshalb sind sie uns voraus. In fast jeder Hinsicht." "Und ich denke, dass es einen Unterschied macht, wenn man 3 Billionen Dollar nimmt und sie in die amerikanische Infrastruktur steckt, dann hat man wahrscheinlich 2 Billionen Dollar übrig", sagte Carter seiner Gemeinde. "Wir hätten eine Hochgeschwindigkeitsbahn. Wir hätten Brücken, die nicht einstürzen, wir hätten Straßen, die ordentlich erhalten werden. Unser Bildungssystem wäre so gut wie das von Südkorea oder Hongkong." Während in den Vereinigten Staaten der Glaube vorherrscht, dass das Land Krieg fast immer für edle Zwecke und zur Verteidigung der Freiheit führt, zeichnen die globale öffentliche Meinung und Fakten ein ganz anderes Bild. Die meisten Länder, die in einer WIN/Gallup-Umfrage 2013 befragt wurden, identifizierten die Vereinigten Staaten als die größte Bedrohung für den Weltfrieden, und eine Umfrage von Pew Research aus dem Jahr 2017 ergab, dass eine Rekordzahl von Menschen in 30 befragten Nationen die Macht und den Einfluss der USA als "große Bedrohung" ansah. Die USA sind in Dutzende von Ländern eingedrungen oder haben sie bombardiert, und sie haben fast jede rechtsgerichtete Diktatur der Welt seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs unterstützt. Seit 1949 haben sie Dutzende ausländischer Regierungen gestürzt oder versucht zu stürzen und haben aktiv versucht, fast jede einzelne Volksbefreiungsbewegung in diesem Zeitraum zu vernichten. Sie haben sich auch in eine Vielzahl von Wahlen eingemischt, und zwar egal, ob es sich um Länder von Verbündeten oder Gegnern handelte.


Zum Buch, gesprochen auf den Videos auf dieser Seite: Ohne die schützende Hand der USA würde die Welt im Chaos versinken, heißt es oft. Bernd Greiner unterzieht diese These einem Praxistest. Wie sehen die Weltgegenden anschließend aus, in denen Washington seit 1945 eingegriffen hat? Die Bilanz ist ernüchternd. Die Vereinigten Staaten haben die meisten Kriege geführt, sie sind Spitzenreiter beim Sturz missliebiger, auch demokratisch gewählter Regierungen, unzählige Menschen mussten ihr Leben lassen, Gesellschaften wurden traumatisiert und Staaten ruiniert. Es ist an der Zeit, über Konsequenzen zu diskutieren. Denn die globalen Herausforderungen unserer Zeit werden ohne die USA nicht zu bewältigen sein. Aber unter Washingtons Führung erst recht nicht. Wer Menschenrechte, Freiheit und Demokratie auf Washingtons Art verteidigt, beschädigt diese Werte im Kern. Zu diesem Ergebnis kommt der renommierte Historiker Bernd Greiner in seiner weltumspannenden Analyse amerikanischer Ordnungspolitik seit 1945. Er zeigt, wie sich in den USA der Anspruch ausbildete, als Hüter der internationalen Ordnung aufzutreten. Er zeigt auch, wie die Vorstellung entstand, Stabilität gebe es nur auf der Grundlage amerikanischer Überlegenheit. Und er liefert eine kritische Bilanz der amerikanischen Ordnungspolitik seit dem Zweiten Weltkrieg. Europa sollte sich im ureigensten Interesse auf seine Kraft besinnen – auf eine Politik, der es nicht um die brachiale Durchsetzung, sondern um den Ausgleich von Interessen geht. Und auf eine Politik ohne Lagerdenken und Überlegenheitsdünkel, ohne Anspruch auf Dominanz und Gefolgschaft. Also jenseits amerikanischer Haltungen, Ansprüche und Praktiken.


Bernd Greiner


(* 20. Juli 1952 in Pirmasens) ist ein deutscher Historiker, Politikwissenschaftler und Amerikanist. Bernd Greiner studierte von 1971 bis 1978 Geschichte, Politikwissenschaft und Anglistik/Amerikanistik in Marburg/Lahn und Frankfurt am Main. Greiner verbrachte 1973/74 ein Studienjahr in den USA. Er wurde 1984 in Politikwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg promoviert mit einer Arbeit über den National Security Council unter Harry S. Truman und Dwight D. Eisenhower (In gekürzter Fassung publiziert: Politik am Rande des Abgrunds? Die Außen- und Militärpolitik der USA im Kalten Krieg, Heilbronn 1986). Im Jahre 1980 wurde Greiner in den Beirat des Institutes für Marxistische Studien und Forschung berufen[1], dem Zentrum für Marxistische Friedensforschung (ZMF) gehörte er ab 1987 an[2]. In den 1980er Jahren war er als Lehrbeauftragter an den Universitäten Münster und Oldenburg sowie als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Anglistik/Amerikanistik der Universität Oldenburg tätig. In der Redaktion der Zeitschrift Englisch-Amerikanische Studien arbeitete er von 1978 bis 1989 mit. Von 1986 bis 1989 war Greiner wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts. Von Dezember 1989 bis Januar 2018 war er beim Hamburger Institut für Sozialforschung beschäftigt und leitete dort von 1994 bis 2013 den Arbeitsbereich „Theorie und Geschichte der Gewalt“. Er habilitierte sich 1997 am Historischen Seminar der Universität Hamburg mit einer Studie über die Morgenthau-Legende und lehrt dort seit 2004 als außerplanmäßiger Professor. Seine Studie Krieg ohne Fronten. Die USA in Vietnam wurde in mehrere Sprachen übersetzt und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Im Jahr 2009 wurde ihm dafür der „Willi Paul Adams Award“ der Organization of American Historians für das beste fremdsprachige Buch zur Geschichte der Vereinigten Staaten verliehen. Von März 2015 bis Januar 2018 leitete Greiner das Berliner Center for Cold War Studies. Dieses Kolleg ist ein gemeinsames Projekt des Hamburger Instituts für Sozialforschung, des Instituts für Zeitgeschichte München – Berlin, der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Humboldt-Universität zu Berlin. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die US-Geschichte des 20. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung des Kalten Krieges, die Beziehungen zwischen Militär und Zivilgesellschaft seit dem Jahr 1900, das deutsch-amerikanische Verhältnis, die deutschen Amerikabilder sowie die Theorie der Gewalt und internationaler Beziehungen im 20. Jahrhundert. Er veröffentlichte 2020 eine Biographie zu Henry Kissinger. Greiner ist mit Bettina Greiner verheiratet, die das Willy-Brandt-Haus Lübeck leitet.[3] Bernd Greiner – Wikipedia



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