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Spannungsfeld zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsethik

Verantwortungsethik

V. ist ein politisch-moralisches Prinzip, das die Frage nach der Verantwortbarkeit der Resultate und der Folgen (politischen) Handelns als einzigen Maßstab gelten lässt. Die V. steht damit in einem Spannungsverhältnis zur Interner Link:Gesinnungsethik (deren einziger Maßstab politischen Handelns die Interner Link:Überzeugung, der Glaube ist). Nach M. Weber ist es Aufgabe politisch Handelnder, eine Balance zwischen V. und Gesinnungsethik zu finden. Quelle: Schubert, Klaus/Martina Klein: Das Politiklexikon. 7., aktual. u. erw. Aufl. Bonn: Dietz 2020. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.


Begriffsgeschichte

Die Unterscheidung von Verantwortungs- und Gesinnungsethik geht auf den von Max Weber im Jahr 1919 gehaltenen Vortrag Politik als Beruf zurück. Zuvor hatte Max Scheler in ähnlichem Sinne Gesinnungs- und Erfolgsethik gegenübergestellt.[1] Max Weber formulierte:

„Wir müssen uns klarmachen, daß alles ethisch orientierte Handeln unter zwei voneinander grundverschiedenen, unaustragbar gegensätzlichen Maximen stehen kann: es kann ‚gesinnungsethisch‘ oder ‚verantwortungsethisch‘ orientiert sein. Nicht daß Gesinnungsethik mit Verantwortungslosigkeit und Verantwortungsethik mit Gesinnungslosigkeit identisch wäre. Davon ist natürlich keine Rede. Aber es ist ein abgrundtiefer Gegensatz, ob man unter der gesinnungsethischen Maxime handelt – religiös geredet: ‚Der Christ tut recht und stellt den Erfolg Gott anheim‘ – oder unter der verantwortungsethischen: daß man für die (voraussehbaren) Folgen seines Handelns aufzukommen hat.“[2]

Weber betrachtete die Gegenüberstellung keinesfalls als vollständige Einteilung von Grundtypen der Ethik und nicht notwendig als wechselseitig exklusive Positionen. Die Unterscheidung muss auch unter dem Gesichtspunkt der Diskussion um die Realpolitik gesehen werden. Diese hatte nicht zuletzt im Preußischen Verfassungskonflikt rund 50 Jahre zuvor die deutschen Liberalen, denen Max Weber persönlich verbunden war, gespalten. Dabei ging es um die Frage, ob politische Forderungen, deren Realisierung nicht umsetzbar erschien, zugunsten einer Beteiligung an der Macht aufgegeben werden sollten, um aus dieser Position heraus zumindest in Teilen Verantwortung für das politische Geschehen zu übernehmen, oder ob man an der Gesinnung festhalten und dafür aber in der Opposition bleiben würde, was sowohl einen Verzicht auf Einfluss als auch eine Behinderung des politischen Prozesses bedeutet hätte. Webers Gegenüberstellung und der Versuch, einen Ausgleich zu finden, könnte also auch als Aufruf zur Wiedervereinigung der politisch organisierten Liberalen verstanden werden.


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