Aus rein innenpolitischen Gründen wolle Washington die Spannung mit Russland aufrechterhalten und versuche ferner, Europa als Teil einer westlichen Wertegemeinschaft in seinen Weltmachtkonflikt mit dem erstarkenden China hineinzuziehen. Beides könne weder europäisches noch deutsches Interesse sein. Das Antriebselement der US-Politik sieht er weder in humanitärem Engagement noch im Eintreten für Demokratie, sondern im nackten Verfolgen amerikanischer Großmachtinteressen. Unter Putin suche es, noch immer die größte Atommacht, einen Weg zurück auf die Weltbühne. Wie viele Kremlherrscher vor ihm – und überhaupt jede Nation – sei er darauf aus, in seinem geografischen Umfeld ein sicheres Glacis zu schaffen. Mich China könne es"möglicherweise vielen Jahrzehnten einer positiven Zusammenarbeit" geben. Die USA wollen verhindern, denn sie wollten erklärtermaßen die einzige Weltmacht bleiben und Europa in ihre Front gegen China eingliedern. Bidens Politik – "vielleicht etwas höflicher, aber nicht anders" – und besonders seine China-Doktrin seien erneut ein gefährlicher Fehler des Westens. Daran dürfe man sich nicht beteiligen. Auch die Nato hat nach Dohnanyis Meinung in Asien nichts zu suchen; in Europa müsse Entspannung mit Russland zum Grundsatz ihrer Politik werden.
Klaus von Dohnanyi gehört zum politischen Urgestein der alten Bundesrepublik. Er ist der letzte noch lebende Minister des ersten Kabinetts von Willy Brandt, dem er 1972 bis 1974 als Bundesminister für Bildung und Wissenschaft diente.
Aus rein innenpolitischen Gründen wolle Washington die Spannung mit Russland aufrechterhalten und versuche ferner, Europa als Teil einer westlichen Wertegemeinschaft in seinen Weltmachtkonflikt mit dem erstarkenden China hineinzuziehen. Beides könne weder europäisches noch deutsches Interesse sein. Den Begriff Wertegemeinschaft setzt Dohnanyi in Anführungszeichen, er ist ihm zu schwammig, weil er harte gegensätzliche Interessen übertüncht.
Dohnanyi hat an mehreren US-Universitäten studiert, in Yale einen Bachelor gemacht, in Detroit gearbeitet. Ihn störe jedoch die eingefleischte Selbstüberhöhung Amerikas als "exzeptionelle Nation". Das Antriebselement der US-Politik sieht er weder in humanitärem Engagement noch im Eintreten für Demokratie, sondern im nackten Verfolgen amerikanischer Großmachtinteressen.
Aus rein innenpolitischen Gründen wolle Washington die Spannung mit Russland aufrechterhalten und versuche ferner, Europa als Teil einer westlichen Wertegemeinschaft in seinen Weltmachtkonflikt mit dem erstarkenden China hineinzuziehen. Beides könne weder europäisches noch deutsches Interesse sein.
Den Begriff Wertegemeinschaft setzt Dohnanyi in Anführungszeichen, er ist ihm zu schwammig, weil er harte gegensätzliche Interessen übertüncht.
Über Russland macht er sich keine Illusionen. Es könne nicht aus seinen autoritären Traditionen heraus und sei eine "demokratisch verbrämte Diktatur". Unter Putin suche es, noch immer die größte Atommacht, einen Weg zurück auf die Weltbühne. Wie viele Kremlherrscher vor ihm – und überhaupt jede Nation – sei er darauf aus, in seinem geografischen Umfeld ein sicheres Glacis zu schaffen.
Eine militärische Gefahr für den Westen vermag der Autor jedoch nicht zu erkennen. Nach seiner Ansicht gibt es keine glaubhaften Belege dafür, dass ein Angriff auf Europa Bestandteil russischer Politik ist; weder in der Annexion der Krim noch in den jüngsten Manövern sieht er die Vorbereitung einer gewaltsamen Verschiebung der russischen Grenzen nach Westen. Die Verschlechterung des westlichen Verhältnisses zu Russland führt Dohnanyi auf die unbegrenzte Osterweiterung der Nato bis an die russische Türschwelle zurück. Da sie, wie er aus zahlreichen historischen Darstellungen referiert, entgegen den Zusicherungen an Gorbatschow erfolgt sei, habe sie die Beziehungen vergiftet und Moskau überdies in die Arme der Chinesen getrieben. Die Dämonisierung Putins, die Politik der Konfrontation, die Verhängung punktueller Sanktionen – das alles habe nichts erbracht. Es komme darauf an, Russland wieder dafür zu gewinnen, sich für Europa zu engagieren. Nur im Dialog lasse sich erkennen, was der andere wolle.
Zum Umgang mit der aufsteigenden Weltmacht China hat Dohnanyi ebenfalls seine eigenen Vorstellungen. Es baue zwar seine Militärmacht auf, aber sein Interesse sei wirtschaftlicher und sozialer Aufstieg, nicht militärische Expansion. Die Eingliederung der Inselwelt des Südchinesischen Meeres interpretiert der Autor eher als Ausdruck einer chinesischen Monroe-Doktrin; so wenig wie die USA in der Karibik wolle China in seiner unmittelbaren Nachbarschaft fremde Kräfte dulden.
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