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Krieg und Frieden in Äthiopien: Auch in diesem Konflikt: interessengeleitete Berichterstattung!


Artikel Frieden in Sicht?

Georges Hallermayer, Mitglied im Landesvorstand der GEW-Saar, 30 Jahre Dozent bei den Carl Duisberg Centren gibt uns ein ganz anderes Bild vom Konflikt in Äthiopien, als das US-Interessengeleitete Bild in den Mainstream-Medien. Sie haben vor allem Eritrea und die Äthiopische Regierung verantwortlich gemacht für den Krieg und das Leid im Kriegsgebiet und die Tigray PLF vor allem als Opfer dargestellt. Bei ihrer jahrzehntelangen brutalen Herrschaft in Äthiopien wurde fast nie über die von ihr organisierten Folterzentren berichtet, sie fungierten in Ostafrika und Äthiopien als enger Partner der USA, etwa auch beim völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf Somalia.


Der Artikel: Frieden in Sicht?

Wir erinnern uns: Die Tigray PLF musste nach über dreißig Jahren 2018 die Macht im kriegszerrütteten Land an eine Koalitions-Regierung unter Aby Ahmed abgeben, der den 50jährigen Krieg mit Eritreabeendete, eine föderale Entwicklung im Lande forcierte, unterstützt von ausländischen Infrastruktur-Investitionen vor allem aus China (z.B. Industriezonen, Autobahnen, Nationalstraßen, eine Straßenbahn in Addis Ababa).


Die TPLF rüstete ihre Milizen auf–ermöglicht durch in die Schweiz verbrachte

Milliarden Dollar-und nutzte im Jahr 2020 die pandemiebedingte Verschiebung der Parlamentswahlen, sich mit eigenständigen Wahlen von der Zentralregierung

loszusagen–allerdings ohne den verfassungsmäßig vorgeschriebenen Weg wie ihn noch weiland Eritrea eingeschlagen hatte. Im November 2020 startete die TPLF unter ihrem selbsternannten Präsidenten, dem ehemaligen Geheimdienstchef Debretsion Gebremichaelmitten in der Erntezeitihren Blitzkrieg: Sie überfiel dasin der Provinzhauptstadt Mekele stationierte „Nordkommando“ (die Führung und ein Drittel der 40.000 Mann loyale Tigrayer), erbeutete 80 Prozent des äthiopischen militärischen Arsenals und wollte mit ihrer eine Viertelmillion starken eigenen Miliztruppe Addis Abeba einnehmen, bevor die Zentralregierung ihre Kräfte umgruppieren konnte. Doch der Plan misslang. Regierungstreue Truppen schlugen die TPLF-Milizen zurück. Jedoch war von Anfang an Teil der Strategie, den „Krieg zu internationalisieren“, sich der westlichen Unterstützung versichern. Daher die Raketen auf die eritreische Hauptstadt und Massaker an der Grenze. Den zu den Parlamentswahlen 2021 ausgerufenen einseitigen Waffenstillstand der Zentralregierung nutzte die TPLF, Mekele zurückzuerobern und den Krieg in südliche Provinzen Amhara und Oromo zu verlagern.


Am 12. November hat die sezessionistische Tigray-Führung einen

Waffenstillstand unterschrieben, Allerdings hatten wir das schon einmal,

nämlich am 25. Februar1, als Gräuel, Massenerschießungen und

Plünderungen der tigrayschen Besatzung in den südlichen Provinzen Amhar

und Afar international bekannt wurden. Der Hunger im Land wurde

international unüberhörbar. Die südöstliche Provinz Somali litt (und leidet

heute noch) wie das gleichnamige Nachbarland unter einer nie dagewesenen

Trockenheit 2. Die Tigray-Führung musste einem Waffenstillstand zustimmen,

um Nahrungsmittel-Lieferungen der UNO zu ermöglichen. Der Krieg wurde in

den Medien weitergeführt, welche Seite die „humanitäre Hilfe“ verhinderte, die

Waffen schwiegen nicht lange. Am 17. August rief die äthiopische Regierung

die Rebellen zu einem erneuten Waffenstillstand auf. 3 Diese forderten die

Vermittlung Kenias, während Premierminister Aby Ahmed auf die Vermittlung

der Afrikanischen Union bestand. Doch als die TPLF am 24. August 12

Tankwagen mit 570.000 Liter Treibstoff des Welternährungsprogramms

stahlen 4, offensichtlich um eine Offensive vorzubereiten, wartete die

äthiopische Armeeführung nicht ab und eroberte große Gebiete um die

Provinzhauptstadt Mekele zurück. Den ganzen September über versuchte Paris

vergeblich, den Konflikt in Äthiopien auf die Tagesordnung des UN-Sicherheitsrats zu setzen, in dem es den Vorsitz führt. Dies wurde jedoch von den afrikanischen Mitgliedern, die von Peking und Moskau unterstützt wurden, vereitelt. 5 Die TPLF-Schutzmacht USA zeigte sich „zutiefst besorgt“. Die Afrikanische Union mit dem Kommissionsvorsitzenden Moussa Faki Mahamt, Olesegun Obasanjo, dem früheren Präsidenten Nigerias, der früheren südafrikanischen Vizepräsidentin Phumzile Mlambo-Ngcuka und Kenias ehemaliger Präsident Uhuru Kenyatte vermittelten. Höchste Zeit für die TPLF, am 12. November auf das Waffenstillstands-Angebot einzugehen, auch wenn sie dementierte, dass 70 Prozent der Provinz in den Händen der Regierungsarmee sei6. Dazu kam, dass seit Oktober auch der Einfluss der Alliierten der TPLF, die Oromiasche Befreiungs-Armee OLA, eingedämmt wurde, nachdem Aby Ahmed ehemalige Mitglieder rekrutiert und mit Schlüsselpositionen betraut hatte.7

Zur großen Überraschung der Weltöffentlichkeit wurde am 2. November in Pretoria (Südafrika) eine umfassende 12-Punkte-Erklärung von beiden Konfliktparteien verfasst 8, die von Nelson Mandelas Versöhnungsgeist beeinflusst scheint. Ein ständiges Komitee wird von beiden Seiten bestellt, das die Verwirklichung sicherstellen soll. Die TPLF bestätigte im Punkt 4 die Souveränität und Integrität, die Verfassung der Bundesrepublik Äthiopien und erklärte sich mit dem Programm einer Entwaffnung und Demobilisierung der TPLF-Soldaten einverstanden–die einen sagen, eine signifikante Konzession der TPLF 9, andere bedauern eine Kapitulation.

Die Zentralregierung verpflichtet sich im Gegenzug zu einer Reintegration in die

nationalen Streitkräfte ENDF, was sicher kompliziert zu bewerkstelligen sein wird.

Eine Versöhnungskampagne soll die Übergangsmaßnahmen begleiten, die in Punkt 6 und 8 der Waffenstillstandsvereinbarung vorgesehen sind: die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung in der Tigray-Region, des öffentlichen Dienstes

und Infrastruktur, einen organisatorischen „Rahmen für die Beilegung politischer

Differenzen und einen Rahmen für eine Übergangsjustiz“. Beide Parteien stimmen überein, feindliche Propaganda einzustellen, und drängen alle, die Äthiopier im Lande und im Ausland, die Schritte zu unterstützen und Ressourcen zu mobilisieren, damit sich die Wirtschaft erholt und soziale Bindungen wieder geknüpft werden können. Kompromisse, auch schwierige und schmerzhafte, werden zu finden sein. Die feierliche Unterzeichnung des „Abkommens über die dauerhafte Einstellung der Feindseligkeiten“ (CoHA) fand in Kenias Hauptstadt Nairobi statt 10. Der Zugang zu humanitärer Hilfe werde sofort beginnen, der größte Teil über die Straße, aber auch per Luft, so Olesogun Obansanjo. Wie CGTN meldete, ist der erste Konvoi über die alte Königsstadt Gondor in Tigray eingetroffen.11

Aber wird das Abkommen halten, fragt sich nicht nur Al Jazeera 12 oder werden

aufständische Gruppen weiterhin zu den Waffen greifen? Andererseits ist nicht zu

vergessen, dass das äthiopische „House of People’s Representatives“ am 6. Mai

2021 die TPLF und OLA per Gesetz als „terroristische Organisationen“ bezeichneten.

Auch wenn das Abkommen vorsieht, im Rahmen des Nationalen Dialogs die

„Aufhebung derEinstufung der TPLF als terroristisch durch das Parlament zu

erleichtern“, die OLA wird hier nicht erwähnt.13

Der Weg zum Frieden ist mit Fußangeln gepflastert. Soll das Abkommen dafür

herhalten, einen Keil zwischen Äthiopien und dem benachbarten Eritrea zu treiben?

Dem Abkommen zufolge soll Tigray‘s Entwaffung von schweren Waffen „gleichzeitig mit dem Abzug der ausländischen und nicht föderal Streitkräfte“ erfolgen.14 Während Fred Harter in „Africa Report“ nur auf die eritreischen Truppen anspielt, die auf Seiten von Addis Abeba gegen die TPLF kämpft 15–sieht Mohamed Kheir Omer Eritrea in der US-Zeitschrift „Foreign Policy“ in der Rolle, das Abkommen auszuhebeln16. Er interpretiert den Wortlaut dass die "dauerhafte Einstellung" aller Formen von Feindseligkeiten auch "Subversion oder den Einsatz von Stellvertretern zur Destabilisierung der anderen Partei oder das Zusammenwirken mit externen Kräften, die einer der beiden Parteien feindlich gesinnt sind", einschließt, so, dass Äthiopien mit Eritrea nicht weiter zusammenarbeiten könnten. Aber in die in den letzten Jahren gewachsenen engen Beziehungen zwischen Eritrea und Äthiopien werden auch die

in naher oder ferner Zukunft anstehenden Verhandlungen über die Grenzziehung

keine Zwietracht säen können.

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1Africa Report 14. Nov. 2022: „Ethiopa & Tigray rebels sign aid anddisarmament deal“

2Le Monde 19. Aug. 2022: „Éthiopie.Le drame des déplacés climatiques“

3CGTN 18. Aug. 2022: „Ethiopia calls for formal ceasefire with Tigray rebels“

4The Grayzone 1.Sept. 2022:“WHO chief, TPLF leader Tedros silent about his party’s theft of World Food

Program fuel„

5AfricaIntelligence 28. Sept. 2022: „Imbroglio over Tigray at UN Security Council“

6Africa News 11. Nov. 2022: „Tigray rebels deny 70 % take over by Ethiopian government“

7Africa Intelligence 3. Okt. 2022: „Aby Ahmed builds tailored security strategy to fight Oromia rebels“

8Gambella Star 5. Nov. 2022: „Full transcript of peace agreement between theEthiopian govt and TPLF signed

in South Africa“

9Zubu Brothers 2. Nov. 2022: „Analyzing The Joint Statement From The Government Of Ethiopia & The TPLF

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10CGTN 13. Nov. 2022: „Ethiopia, TPLF drdawa plan for disarmament“

11CGTN 17. Nov. 2022: „First convoy delivering aid since Ethiopia peace deal enters Tigray“

12Al Jazeera 14. Nov. 2022: „Will the agreement on Tigray hold?“

13Addis Standard 15. Nov. 2022: „Ethiopia: Law Designating TPLF As 'Terrorist' Doesn't Prohibit Negotiations:

PM Abiy“

14FredHarter: „Ethiopia & Tigray rebels sign aid and disarmament deal“ Africa Report 14. Nov. 2022

15Africa Report 22. Sept. 2022: „Eritrea plunges back into Ethiopia’s Tigray war“

16Foreign Policy 10. Nov. 2022: „How Eritrea Could Derail the Ethiopian Peace Deal“



Georges Hallermayer

Georges Hallermayer

  • Mitglied im Landesvorstand der GEW-Saar

  • 30 Jahre Dozent bei den Carl Duisberg Centren,

  • viele Jahre im örtlichen Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat und Wirtschaftsausschuss

  • Steuerinspektor und staatsexaminierter Historiker



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