Im südthüringischen Sonneberg wird erstmals ein AfD-Politiker eine Landkreisverwaltung leiten. Der Landtagsabgeordnete Robert Sesselmann gewann am Sonntagabend den zweiten Wahlgang mit 52,8 Prozent. Der bisherige Amtsinhaber von der CDU kam auf 47,2 Prozent. Zu dessen Wahl hatten auch SPD, Grüne, Linke und FDP aufgerufen verhängt hatte. Ihm hat es auch nicht geholfen, dass er die AFD-Position übernommen hatte und bereits einen Aufnahmestopp für Asylbewerber erlassen hatte. Die Kommunen spielen in der AfD-Strategie eine große Rolle. Die Partei wird entsprechende Anstrengungen im Graswurzelbereich verstärken. In der Strategie der AfD spielt die Verankerung auf kommunaler Ebene schliesslich eine entscheidende Rolle, solange eine Regierungsbeteiligung im Bund oder den Ländern weder in Reichweite noch überhaupt von jedem in der Partei gewollt ist. Man kann davon ausgehen, dass in Ostdeutschland nun ein Dominoeffekt einsetzen wird. Weitere Kreise und Bürgermeisterposten dürften folgen. Denn erstmals haben AfD-Wähler die Erfahrung gemacht, dass ihre Stimmabgabe für die Partei nicht folgenlos bleibt – sei sie aus Überzeugung oder Protest erfolgt. Das dürfte viele AfD-Sympathisanten bei anstehenden kommunalen Wahlen motivieren. Erinnern wir uns: Die Nationalsozialisten konnten sich 1933 nur durchsetzen, weil die demokratischen Kräfte keine Antworten für die Probleme der Mehrheit der Menschen hatten und resignierten, statt die Probleme auf demokratischen Weg anzupacken. Wir sollten das nicht wieder soweit kommen lassen. Demokraten sind jetzt gefragt, nicht nur wegen des Aufstiegs der AFD, sondern zur Überwindung der Ursachen für diesen Aufstieg. Bezeichnend: Dass die Ukrainepolitik ein Grund ist, dass die AFD so viel Zustimmung bekam, wird nicht thematisiert, weil man dazu keine öffentliche Debatte will, um den Kriegs-Unterstützungs-Kurs weiter rücksichtslos durchziehen zu können. Ähnlich hatte sich ja Frau Baerbock schon geäußert: Wir machen weiter, egal wie das die Wähler sehen.
Das Wahlplakat zeigt:
1.) Die berechtigte Kritik an der (nicht nur) für Deutschland ruinösen Ukrainepolitik der Ampel und der CDU und von Teilen der Linken, wird von der AFD zum Ausdruck gebracht. Sie haben die dringliche Forderung nach von der Ampel abgelehnten Friedensverhandlungen nicht umsonst an die Spitze der Forderungen gesetzt.
Wir brauchen jetzt eine überparteiliche Graswurzelbewegung, getragen von persönlich engagierten Menschen, die für eine alternative Ukrainepolitik eintritt, etwa die Unterstützung des indonesischen Friedenplans (s.u.), dann kann die AFD ihre richtige Kritik der Ukrainepolitik der dominierenden nicht mehr für ihren gefährlichen Aufstieg nutzen.
Mit der Kritik der Klimapolitik werden diejenigen bestärkt, die den menschengemachten Klimawandel abstreiten und die existentielle Gefahr, die von ihm ausgeht, nicht sehen oder sehen wollen. Sie kritisieren konkrete Fehler der Ampel, aber die Gefahr ist, dass damit die nötigen Anstrengungen an sich verunglimpft werden und geschwächt werden. Der Aufstieg der AFD ist in der Klimapolitik eine existentielle Bedrohung für uns: Er bestärkt die, die für das gewohnte Weiterso eintreten, das unweigerlich ins Chaos führen wird, und den Ernst der Lage nicht erkennen oder erkennen wollen. Die Klimapolitik wird nach wie vor von Lobbygruppen der Vermögenden dominiert, die aus kurzfristigen Profitinteressen, die nötigen Veränderungen blockieren. Nur ein Beispiel: Krieg und Militär tragen wesentlich bei zum Klimawandel, sie werden aber von der Politik nicht in Frage gestellt. Gegen die Verkäufer und Fahrer großer Autos setzt die Politik nicht einmal eine Tempolimit durch. Diese sozial ungerechte Seite der Klimapolitik kann die AFD nutzen, um die Klimapolitik an sich zu diffamieren.
Auch hier brauchen wir eine Graswurzelbewegung, die die Bildung in der Gesellschaft zu dieser Frage voranbringt und über die die Bürger eine sozial gerechte Klimapolitik einfordern können.
Die Polemik gegen Flüchtlinge seht Zwietracht zwischen Einheimischen und Flüchtlingen und Ausländern und schwächt das nötige Vertrauen zueinander. Sie tut so, als sei das Problem, dass immer mehr Menschen weltweit in ihren Ländern keine Perspektive haben und deshalb in anderen Ländern Sicherheit suchen, durch Abschiebung zu lösen sei. Sie macht die Flüchtlinge zu Tätern, die aber oft die Opfer sind: Von der ungerechten internationalen Wirtschaftspolitik der westlichen Staaten und ihrer Eliten und von westlicher Gewaltpolitik zur Aufrechterhalten ihrer globalen Vorherrschaft, wie im Irak, Afghanistan, Libyen, Somalia oder Syrien, die Millionen zur Flucht getrieben hat und treibt.
Auch hier brauchen wir eine Graswurzelbewegung, die über die Fluchtursachen und ihre Gründe informiert und die Zusammenarbeit von unten von Einheimischen und Flüchtlingen und Migranten fördert. Sie alle würden unter der AFD-Politik leiden und die Spaltungen und Konflikte in der deutschen Gesellschaft würden schärfer werden. Entgegenstellen können wir uns mit einer notwendigen Graswurzelbewegung, die auf die Beseitigung der Fluchtursachen drängt und für gerechte internationale Beziehungen eintritt. Mit den daran interessierten Flüchtlingen sollten Beziehungen auch in deren Heimatländer aufgebaut werden, um die Kräfte zusammenzuführen, die für eine Welt mit menschenwürdigen Lebensbedingungen für alle eintritt.
Wir brauchen diese von uns selbst gemeinsam zu schaffende Graswurzelbewegung nicht nur, um die Gefährdung der zivilisatorischen Errungenschaften nach 1945 abzuwehren, die mit dem Aufstieg der AFD droht. Auch die jetzt dominierenden Parteien gefährden sie mit ihrer Unterwerfung unter die gewalttätige Politik der USA zur Aufrechterhaltung ihrer Vorherrschaft und der Unterwerfung unter die Interessen der kleinen Minderheit der Vermögenden, die die soziale Sicherheit der Mehrheit ihrer Bereicherungsinteressen unterwirft. Das sind die Hauptbedrohungen unserer Zukunft, von denen die AFD, die von einigen Milliardären gefördert wird, ablenkt und damit die Lösung der Probleme nicht erleichtert, sondern unmöglich macht.
Wolfgang Lieberknecht (IFFW)
Auszüge aus einem Artikel der Neuen Züricher Zeitung NZZ
Die Wahl des ersten AfD-Landrats ist ein politisches Beben – aber Panik wäre die falsche Antwort
Auszuge aus der Schweizer NZZ (Neuen Züricher Zeitung)
Ein Vertreter der besonders radikalen Thüringer AfD hat für die Partei im Kreis Sonneberg zum ersten Mal ein Landratsamt erobert. Deutschlands etablierte Politik wäre gut beraten, sich nun nicht mit Dammbruch-Rhetorik zu überbieten. Sie ist für dieses Wahlergebnis verantwortlich.
Es ist also so weit: Erstmals gelang es der Rechtsaussenpartei AfD, ein deutsches Landratsamt zu erobern. Zwar ist die Macht des Verwaltungschefs eines deutschen Kreises begrenzt. Zudem gehört der im Süden Thüringens gelegene Kreis Sonneberg zu Deutschlands kleinsten. Dennoch ist die symbolische Wirkung gross und reicht weit über die Region hinaus. Den Namen des Wahlsiegers und künftigen Landrats Robert Sesselmann wird am Montag das ganze Land kennen.
Man kann davon ausgehen, dass in Ostdeutschland nun ein Dominoeffekt einsetzen wird. Weitere Kreise und Bürgermeisterposten dürften folgen. Denn erstmals haben AfD-Wähler die Erfahrung gemacht, dass ihre Stimmabgabe für die Partei nicht folgenlos bleibt – sei sie aus Überzeugung oder Protest erfolgt. Das dürfte viele AfD-Sympathisanten bei anstehenden kommunalen Wahlen motivieren.
Die Kommunen spielen in der AfD-Strategie eine grosse Rolle
Die Partei wird entsprechende Anstrengungen im Graswurzelbereich verstärken. In der Strategie der AfD spielt die Verankerung auf kommunaler Ebene schliesslich eine entscheidende Rolle, solange eine Regierungsbeteiligung im Bund oder den Ländern weder in Reichweite noch überhaupt von jedem in der Partei gewollt ist.
Raum zur Profilierung, etwa in der Migrationspolitik, gibt es im konkreten Fall zudem wenig. Bereits Robert Sesselmanns Vorgänger von der CDU verhängte einen Aufnahmestopp für Asylbewerber.
Allein darauf zu vertrauen, dass Unfähigkeit die AfD entzaubert, könnte sich für die politischen Mitbewerber indes als falsche Strategie erweisen. Schon jetzt ist die Partei im Sonneberger Kreistag vertreten. Selbst der bisherige christlichdemokratische Landrat bescheinigte deren Fraktionsmitgliedern Kompetenz.
Der Wahlsieg stärkt den radikalen Parteichef Björn Höcke
Landespolitisch bedeutet der Sieg zusätzlichen Rückenwind für die AfD. Diese liegt in den Umfragen in Thüringen ohnehin weit vor allen anderen Parteien. Ihr rechtsextremer Landeschef Björn Höcke wird gestärkt in die Landtagswahlen im kommenden Jahr gehen. Als Vorsitzender des ersten Verbandes mit einem kommunalen Wahlsieger dürfte sein ohnehin schon grosser Einfluss auf die Bundespartei weiter zunehmen.
Dennoch gilt es, Ruhe zu bewahren. Deutschland steht trotz dem Höhenflug der Partei in den Umfragen und dem heutigen Wahlsieg nicht vor der faschistischen Machtübernahme – mag man Höcke auch gerichtsfest und angesichts seines völkischen Weltbilds nicht grundlos als Faschisten bezeichnen dürfen.
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