Wenn uns die Kriegsgefahr jetzt aufschreckt und wir etwas tun wollen für den Frieden, haben wir ein gutes, völkerrechtlich verbindliches Dokument dazu: Neben der UNO-Charta, die Krieg verbietet, die Charta von Paris. Alle NATO-Staaten und die Staaten des früheren Warschauer Pakts haben sie beschlossen, um gemeinsam ein friedliches Europa aufzubauen. Von Kräften, die an diesem Frieden kein Interesse haben, ist sie vergessen gemacht worden! Das können und sollten wir ändern und sie zur Grundlage einer europäischen Bürger*innenbewegung machen. Packen wir es an! Wir regen die Aufbau eines europäischen Netzwerken im Rahmen der globalen Basisbewegung für eine Welt ohne Krieg "worldbeyondwar.org" vor: worldbeyondwar Europe. Was hältst Du davon? Bis Du dabei?
(Bild von © Staatsarchiv 34 Staatschefs und Aussenminister: die Teilnehmer an der Konferenz in Paris im November 1990)
Am 21. November waren es 30 Jahre seit der Unterzeichnung der «Charta von Paris», wo gemeinsamer Friede beschlossen wurde.Christian Müller für die Online-Zeitung INFOsperber
Grosse Zeitungen benützen runde Jubiläen, um auf wichtige geschichtliche Ereignisse zurückzublicken. Das hätte mach auch im Fall der «Charta von Paris», die am 21. November 1990 unterzeichnet worden ist, erwarten können. Am 21. November aber, am wirklichen Jubiläumstag: keine Zeile, kein Wort.
«Charta von Paris» was ist sie und warum wurde sie beschlossen?
Nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch der Sowjetunion und nachdem der zwischenzeitlich zum Präsidenten der UdSSR ernannte Michail Gorbatschow Ostdeutschland zur Wiedervereinigung mit Westdeutschland freigegeben hatte und diese vollzogen war, trafen sich die Regierungen von 34 Ländern in Paris, um miteinander über das zukünftige Europa zu reden. Anwesend waren 34 Staatschefs und Aussenminister aus 34 Ländern, unter diesen alle NATO-Mitglieder, also auch die USA und Kanada, alle Mitglieder des Warschauer Paktes, also Polen, Ungarn, Bulgarien, Rumänien usw., anwesend war auch das damals noch ungetrennte Jugoslawien, anwesend war insbesondere aber auch die damalige Noch-Grossmacht Sowjetunion. Die Regierungen dieser 34 Länder beschlossen, in Europa künftig friedlich miteinander umzugehen, und sie alle unterschrieben am 21. November 1990 unter dem Titel «Ein neues Zeitalter der Demokratie, des Friedens und der Einheit» ein mehrseitiges Dokument, «Charta von Paris für ein neues Europa», in dem das, was man heute oft etwas gar locker als «Europäische Werte» bezeichnet, aufgelistet war. Es herrschte echte Aufbruchstimmung In diesem Dokument, das unter dem Namen «Charta von Paris» in die Geschichte eingegangen ist, stehen so hoffnungsvolle und vielversprechende Formulierungen wie «Nun, da Europa am Beginn eines neuen Zeitalters steht, sind wir entschlossen, die freundschaftlichen Beziehungen und die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas, den Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada auszuweiten und zu festigen sowie die Freundschaft zwischen unseren Völkern zu fördern.» Oder auch: «Wir verpflichten uns daher, bei der Festigung von Vertrauen und Sicherheit untereinander sowie bei der Förderung der Rüstungskontrolle und Abrüstung zusammenzuarbeiten.» Oder auch: «Wir verpflichten uns, unsere Anstrengungen um den Schutz und die Verbesserung unserer Umwelt zu verstärken, um ein gesundes ökologisches Gleichgewicht in Luft, Wasser und Boden wiederherzustellen und zu erhalten.» Es herrschte Aufbruchstimmung! Und tatsächlich, der Warschauer Pakt wurde ein halbes Jahr später, am 1. Juli 1991, aufgelöst und die Sowjetunion erlaubte ihren Republiken – in Erfüllung der versprochenen Selbstbestimmung – unabhängig zu werden. Die Ukraine zum Beispiel, aber auch Belarus oder Armenien und Aserbaidschan, alle wurden im Jahr 1991 unabhängig. Es schien tatsächlich alles friedlich zu werden. Wenn da die NATO nicht gewesen wäre …Die NATO allerdings hatte da ein «Problem». Auch sie hätte sich, wie der Warschauer Pakt, ja auflösen können. Aber das wollte sie, angeführt von den US-Amerikanern, nicht. Sie wollte es den Russen – diesen Erfindern des Kommunismus! – zu spüren geben, dass sie geopolitisch die Verlierer waren. Vor allem aber: Zur Legitimation der eigenen Existenz als sogenanntes Verteidigungsbündnis – und auch im Interesse der dahinterstehenden Rüstungsindustrie – brauchte die NATO einen Feind. Die Wahl war einfach: Russland. Die Geschichte der NATO muss hier nicht wiederholt werden. Kurzversion: Sie rollte den osteuropäischen Ländern den roten Teppich aus und zeigte schon wenige Jahre später mit ihren Bombardierungen in Jugoslawien, «wo Gott hockt» – wie es eine deutsche Redewendung treffend beschreiben könnte. Und spätestens 2003 beim Angriff auf den Irak zeigte die NATO, dass sie von einem «Kriegsverhinderungs- zu einem Kriegsführungsbündnis geworden war, wie es der deutsche Konfliktforscher Leo Ensel bezeichnete. Was ist, 30 Jahre nach der «Charta von Paris», die damals von 34 Ländern unterzeichnet wurde, übrig geblieben? So ziemlich nichts. Es war die NATO, die die «Charta von Paris» zur Makulatur werden ließ. Und das ist auch der Grund, warum selbst renommierte Zeitungen wie die NZZ am 21. November, dem 30-Jahr-Jubiläum der «Charta von Paris», dieses Ereignis «vergessen» haben – oder eben bewusst vergessen machten.
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