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Verloren in Europa: Auf Friedensgespräche konzentrieren, anstatt darauf, den Krieg zu gewinnen”

Daß Russland den Hafen von Odessa angegriffen hat, muß noch nicht das Ende des Getreide-Deals bedeuten. Die Attacke spricht aus meiner Sicht nicht gegen Verhandlungen – sondern eher dafür, die Gespräche auf den Krieg selbst auszuweiten und einen Waffenstillstand anzustreben.

24. Juli 2022




Ungarns Regierungschef Orban hat die Sanktionen gegen Russland für gescheitert erklärt. Damit rückt der Nationalist offen vom EU-Kurs ab. Er ist nicht allein. “Die Sanktionen erschüttern Russland nicht”, sagte Orban. Dafür würden in Europa “Regierungen fallen wie Dominosteine”, sagte er in Anspielung auf Großbritannien und Italien. “Die Situation heute ist, dass wir in einem Auto mit vier platten Rädern sitzen”, beschrieb Orban die Lage aus seiner Sicht. Weder die EU-Sanktionen noch US-Waffen könnten das Blatt wenden. Im Umgang mit dem russischen Krieg in der Ukraine sei “eine neue Strategie erforderlich, die sich auf Friedensgespräche konzentrieren sollte – anstatt darauf, den Krieg zu gewinnen”. Zweifel an Sanktionen wachsen Was soll man davon halten? Mit seiner Kritik an den Sanktionen steht Orban nicht allein. Auch in Deutschland, Italien und Österreich wachsen die Zweifel am bisherigen EU-Kurs. So fordert Sachsens Regierungschef Kretschmer, den Krieg “einzufrieren” (was auch immer das heißen mag). Dass die Zweifel wachsen, hat sogar Bundespräsident Steinmeier erkannt. “Sind wir dazu bereit, empfindliche Nachteile in Kauf zu nehmen“, fragte er am Sonntag. Indirekt räumt er damit ein, dass die Sanktionen große Opfer fordern, auch in Deutschland. Andererseits mehren sich in der EU die Stimmen, die Orban und anderen Kritikern das Vetorecht in der Außenpolitik entziehen wollen. Seine jüngsten Äußerungen dürften ihnen Auftrieb verleihen. Auch Kanzler Scholz hat sich für ein Ende der Einstimmigkeit ausgesprochen – dabei denkt er vor allem an Orban. Strategie-Debatte ist überfällig Es ist jedoch keinem geholfen, wenn die EU statt über die Sache über Verfahren diskutiert. Nötig wäre eine Strategiedebatte – über die Ziele des Kriegs und den europäischen Beitrag. So lange sich die EU dieser Debatte verweigert, wird sie keine Rolle spielen – wie wir gerade am Getreide-Deal von Istanbul gesehen haben. Sultan Erdogan ließ sich von der Uno feiern, die EU glänzte durch Abwesenheit – und mußte sogar einige besonders widersinnige Sanktionen zurücknehmen… Siehe auch Neues vom Wirtschaftskrieg: Getreide-Deal ohne die EU Daß Russland den Hafen von Odessa angegriffen hat, muß noch nicht das Ende des Getreide-Deals bedeuten. Die Attacke spricht aus meiner Sicht nicht gegen Verhandlungen – sondern eher dafür, die Gespräche auf den Krieg selbst auszuweiten und einen Waffenstillstand anzustreben.


Zwei kurze aktuelle Kommentare des EU-kritischen Blogs "Lost in EUrope". Die Zeitschrift International empfiehlt diese Plattform, die - wie kaum eine andere - fundierte Kritik an der Politik der EU äußert und auch verbreitet. Vor allem die - in verständlichem Zynismus - textierte Meldung bezüglich der Rüstungsinvestitionen der EU verweist meines Erachtens auf eine höchst problematische Konsequenz der aktuellen Ukrainekrise, die sich in einer massiven Aufrüstung Europas, allerdings in klarer politischer und strategischer Unterordnung unter die US-dominierte NATO, manifestiert. Jene, die so wie der Autor dieser Zeilen, die EU als Friedensprojekt interpretiert und auch unterstützt haben, sehen sich in vielen Hoffnungen und Erwartungen getäuscht...


22. Juli 2022



Doch, es gibt sie noch, die guten Nachrichten aus Brüssel. Diese Woche: EU-Milliarden für Rüstungsforschung. Die Kommission stellt fast 1,2 Milliarden Euro zur Unterstützung von 61 Forschungs- und Entwicklungsprojekten im Verteidigungsbereich bereit. Das Geld stammt aus dem Europäischen Verteidigungsfonds (EVF). Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager spricht von qualitativ hochwertigen Projekten. Sie haben gezeigt, dass in Europa industrielle Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich auch im großen Maßstab verwirklicht werden kann. Vestager betonte weiter: „Die fast 700 Unternehmen, die mit EU-Mitteln die nächste Generation innovativer Verteidigungstechnologien erforschen und entwickeln werden, werden eine resiliente und wettbewerbsfähige industrielle Basis in Gang bringen. Bei 43 Prozent der an ausgewählten Projekten beteiligten Einrichtungen handelt es sich um kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Das zeigt, dass das Programm des Europäischen Verteidigungsfonds die gesamte industrielle Wertschöpfungskette der EU einbezieht.“ Eigentlich sind die EU-Mittel für zivile Forschung reserviert. Doch schon unter Ex-Kommissionschef Juncker hat man begonnen, das Geld in die Rüstung zu stecken, getarnt als Industriepolitik… Mehr hier (Pressemitteilung der EU-Kommission) P.S. Dies ist kein Witz, in Brüssel wird diese Meldung tatsächlich als Erfolg gefeiert! Zuvor hatte die EU-Kommission schon angekündigt, 500 Mill. Euro für gemeinsame Waffenkäufe bereit zu stellen…

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