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Ukraine-Krieg: Höhepunkt des 30-jährigen Projekts der Neokonservativen für dauerhafte US-Herrschaft

Jeffrey D. Sachs: Die Ukraine ist die neueste Katastrophe amerikanischer Neocons. Die Hauptbotschaft der Neocons lautet, dass die USA in jeder Region der Welt die militärische Vormachtstellung innehaben und den aufstrebenden regionalen Mächten entgegentreten müssen, die eines Tages die globale oder regionale Vorherrschaft der USA herausfordern könnten, vor allem Russland und China. Der Krieg in der Ukraine ist der Höhepunkt eines 30-jährigen Projekts der amerikanischen neokonservativen Bewegung (Neocons). In der Regierung Biden sitzen dieselben Neokonservativen, die sich für die Kriege der USA in Serbien (1999), Afghanistan (2001), Irak (2003), Syrien (2011) und Libyen (2011) stark gemacht haben und die den Einmarsch Russlands in die Ukraine erst provoziert haben. D]ie Russen und Chinesen sehen in [den „farbigen Revolutionen“ in der ehemaligen Sowjetunion] nichts Natürliches, sondern nur vom Westen unterstützte Putsche, die den westlichen Einfluss in strategisch wichtigen Teilen der Welt stärken sollen. Haben sie so unrecht? Könnte die erfolgreiche Liberalisierung der Ukraine, die von den westlichen Demokratien vorangetrieben und unterstützt wurde, nicht nur das Vorspiel für die Eingliederung dieses Landes in die Nato und die Europäische Union sein – kurz gesagt, für die Ausweitung der westlichen liberalen Hegemonie?


Auszüge aus einem Artikel der Berliner Zeitung. Der Autor, Prof. Sachs, Jeffrey David Sachs ist ein US-amerikanischer Ökonom und seit 2002 Sonderberater der Millennium Development Goals. Er ist Direktor des UN Sustainable Development Solutions Network sowie Direktor des Earth Institute an der Columbia University.

"Die Erfolgsbilanz der Neocons ist ein einziges Desaster, und doch hat Biden sein Team mit ihnen besetzt. Infolgedessen steuert Biden die Ukraine, die USA und die Europäische Union in ein weiteres geopolitisches Debakel. Wenn Europa einen Funken Einsicht hat, wird es sich von diesen außenpolitischen Debakeln der USA distanzieren. Die Neocon-Bewegung entstand in den 1970er-Jahren um eine Gruppe öffentlicher Intellektueller. Die Hauptbotschaft der Neocons lautet, dass die USA in jeder Region der Welt die militärische Vormachtstellung innehaben und den aufstrebenden regionalen Mächten entgegentreten müssen, die eines Tages die globale oder regionale Vorherrschaft der USA herausfordern könnten, vor allem Russland und China. Zu diesem Zweck sollte das US-Militär in Hunderten von Militärstützpunkten auf der ganzen Welt in Stellung gebracht werden, und die USA sollten darauf vorbereitet sein, bei Bedarf Kriege nach Wahl zu führen. Die Vereinten Nationen sollen von den USA nur dann genutzt werden, wenn dies für ihre Zwecke nützlich ist.

Dieser Ansatz wurde erstmals von Paul Wolfowitz in seinem Entwurf der „Defense Policy Guidance“ (DPG) für das Verteidigungsministerium im Jahr 2002 dargelegt. In diesem Entwurf wurde die Ausweitung des von den USA geführten Sicherheitsnetzes auf Mittel- und Osteuropa gefordert, obwohl der deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher 1990 ausdrücklich versprochen hatte, dass auf die deutsche Wiedervereinigung keine Nato-Osterweiterung folgen würde. Wolfowitz plädierte auch für amerikanische Kriege nach eigenem Gutdünken und verteidigte das Recht Amerikas, bei Krisen, die für die USA von Belang sind, unabhängig und sogar allein zu handeln. General Wesley Clark zufolge machte Wolfowitz Clark bereits im Mai 1991 klar, dass die USA Operationen zum Regimewechsel im Irak, in Syrien und bei anderen ehemaligen sowjetischen Verbündeten anführen würden.

Die Neocons setzten sich für die Nato-Erweiterung um die Ukraine ein, noch bevor dies 2008 unter George W. Bush jr. zur offiziellen US-Politik wurde. Sie betrachteten die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine als Schlüssel zur regionalen und globalen Vorherrschaft der USA. Robert Kagan erläuterte im April 2006 die Argumente der Neokonservativen für die Nato-Erweiterung folgendermaßen: [D]ie Russen und Chinesen sehen in [den „farbigen Revolutionen“ in der ehemaligen Sowjetunion] nichts Natürliches, sondern nur vom Westen unterstützte Putsche, die den westlichen Einfluss in strategisch wichtigen Teilen der Welt stärken sollen. Haben sie so unrecht? Könnte die erfolgreiche Liberalisierung der Ukraine, die von den westlichen Demokratien vorangetrieben und unterstützt wurde, nicht nur das Vorspiel für die Eingliederung dieses Landes in die Nato und die Europäische Union sein – kurz gesagt, für die Ausweitung der westlichen liberalen Hegemonie?




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