Sie werden nicht durchkommen: Unser Aufruf gegen den Faschismus: Krieg hat etwas von Science-Fiction, da die fortschrittlichsten Technologien für die barbarischsten Zwecke eingesetzt werden.
- Wolfgang Lieberknecht
- vor 1 Tag
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Liebe Freund*innen,
Grüße aus dem Büro von Tricontinental: Institute for Social Research.
Wer in Peking durch das Museum des chinesischen Volkswiderstands gegen die japanische Aggression geht, wird den Krieg und alles, was mit Militarismus zu tun hat, verachten. Das Museum ist unweit der Marco-Polo-Brücke (oder Lugou-Brücke) gelegen, wo das chinesische Volk den Krieg zur Befreiung seines Landes von der japanischen Besatzung im Norden begann. Die eindrucksvollsten Teile des Museums sind jene, die die grausame Gewalt des japanischen Militarismus zeigen, wie das Massaker von Nanjing (1937–1938); die schreckliche biologische und chemische Kriegsführung und die unvorstellbaren Menschenversuche der Einheit 731 in der nordöstlichen Stadt Harbin (1936–1945) sowie die Gefängnisse für Ianfu («Trostfrauen»), die das japanische Militär eingerichtet hatte, um Sexsklavinnen für seine Soldaten zu halten.
Beim Rundgang durch das Museum wird deutlich, dass Millionen chinesischer Zivilist*innen im langanhaltendsten Kampf des Zweiten Weltkriegs ums Leben kamen: einem Krieg zwischen den japanischen Militaristen und dem chinesischen Volk, der von 1937 bis 1945 dauerte. Die Zahlen sind erschütternd: Mindestens zwanzig Millionen chinesische Zivilist*innen und Soldaten wurden getötet, achtzig Millionen Menschen wurden zu Flüchtlingen, dreißig Prozent der Infrastruktur im Perlflussdelta bei Kanton wurden zerstört, mehr als die Hälfte von Shanghai wurde dem Erdboden gleichgemacht und achtzig Prozent der chinesischen Hauptstadt Nanjing wurden in Schutt und Asche gelegt.
Die Three Alls Policy der japanischen Armee (alles verbrennen, alles töten, alles rauben) war in jeder Hinsicht völkermörderisch (1942 pumpte die japanische Armee beispielsweise in einem Dorf in der Provinz Hebei giftiges Gas in einen Tunnel, in dem sich achthundert Bäuer*innen versteckt hatten, und tötete sie alle).

Die Zahl der Todesopfer während des Zweiten Weltkriegs sorgt nach wie vor für Debatten und Diskussionen. Es ist jedoch unumstritten, dass die meisten Todesopfer in der Sowjetunion (27 Millionen – die heutige Bevölkerung Australiens) und in China (20 Millionen – die heutige Bevölkerung Chiles) zu beklagen waren. Die Zahlen für die Sowjetunion stammen aus vielen Quellen, darunter die Außerordentliche Staatskommission (ChGK), die 1942 zur Untersuchung von Kriegsverbrechen eingerichtet wurde. Das erste dieser Tribunale wurde in Krasnodar (Nordkaukasus) eingerichtet, nachdem die Rote Armee am 4. Januar 1943 Naltschik von den Nazis zurückerobert hatte. Dieses Tribunal fand Tausende von Leichen von Menschen, die durch Giftgas in einem Panzergraben in der Nähe der Stadt getötet worden waren. Zwei Jahre zuvor, 1941, hatte das Nazi-Oberkommando den sogenannten Hungerplan formuliert, um Lebensmittel aus der Sowjetunion abzuziehen, was zum Tod von 4,2 Millionen sowjetischen Bürger*innen führte.
Wir haben es hier mit unvorstellbaren Zahlen zu tun – eine Million Tote hier, ein paar Tausend dort, weitere hunderttausend anderswo. Welches Statistikamt kann diese schreckliche Bilanz des Todes erfassen?

Anlässlich des 80. Jahrestags des Endes dieses Krieges gegen Faschismus und Militarismus (3. September 1945) veröffentlicht das Kollektiv «No Cold War» den Santiago-Appell, einen Aufruf gegen Krieg und für Frieden. Wir bitten euch dringend, ihn zu lesen und zu teilen, damit wir – wie beim Stockholmer Appell von 1950 – Millionen von Menschen dazu bringen können, no pasarán (sie werden nicht durchkommen) zu unserem Motto zu machen:
Krieg ist der ultimative Verrat an der menschlichen Kreativität, am Wert des Lebens und an dem Planeten, den wir gemeinsam bewohnen. Vor achtzig Jahren warfen die Vereinigten Staaten die ersten Atombomben ab, womit eine Waffe von beispiellosem Schrecken zur Realität wurde, die uns alle noch immer bedroht. Millionen Menschen starben im Kampf gegen Faschismus und Militarismus, unter ihnen sowjetische und chinesische Menschen, die außergewöhnliche Opfer gebracht und die schwerste Last getragen haben. Ihr Mut verlangt mehr als nur Erinnerung, er verlangt Taten. Wir lehnen den endlosen Kreislauf der Gewalt ab, der durch Imperialismus und Gier angeheizt wird. Wir fordern eine Zukunft, in der Frieden, Gerechtigkeit und gemeinsamer Wohlstand herrschen – in der die Menschheit in Harmonie mit der Natur lebt und die Erde für kommende Generationen schützt. Wir fordern sofortige Entwaffnung, Beendigung der Militarisierung und Erschaffung einer Welt, in der alles Leben gedeihen kann.

US-Präsident Donald Trump und der russische Präsident Wladimir Putin trafen sich am 15. August in Alaska. Es war das erste Treffen dieser Art zwischen den Präsidenten Russlands und der USA seit sieben Jahren (das letzte Treffen fand 2018 statt, als Putin und Trump sich in Helsinki, Finnland, trafen). Es gab keinen Durchbruch, und es ist unwahrscheinlich, dass es zu einem Durchbruch kommen wird, der die Spannungen zwischen den USA und Russland oder gar zwischen den USA und China abbaut. Aber diese Gespräche sind wichtig. Sie sind eine Rückkehr zur Diplomatie, einem wesentlichen Element der Friedensstiftung. Es gibt nirgendwo Verlangen nach weiteren Kriegen, auch wenn das schwer zu glauben ist beim Anblick des Atlas des Bösen, der uns nach wie vor erschüttert (von Gaza bis zum Sudan). Während des Gipfeltreffens zwischen Putin und Trump sagte Papst Leo XIV., dass «wir uns heute leider machtlos fühlen angesichts der Ausbreitung der Gewalt in der Welt – einer Gewalt, die zunehmend taub und unempfindlich gegenüber jeglicher Regung der Menschlichkeit ist». Die Vorstellung von ohrenbetäubender Gewalt und Gewalt, die nicht bereit ist zuzuhören, ist zutreffend; sie entspricht der Haltung des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu, der weiterhin auf dem Völkermord an den Palästinenser*innen besteht.
Die Vorstellung von Gewalt und Schweigen ist erdrückend, gerade angesichts des Lärms des Krieges selbst. Es ist nicht verwunderlich, dass Gennady Gor (1907–1981), der die Belagerung von Leningrad (1941–1944) erlebte und darüber surreale Gedichte schrieb, schließlich zu einem bedeutenden Science-Fiction-Autor wurde. Krieg hat etwas von Science-Fiction, da die fortschrittlichsten Technologien für die barbarischsten Zwecke eingesetzt werden. Hier ist eines von Gors Gedichten aus der Belagerung, bei der Millionen Menschen starben, die die Welt gegen den Faschismus verteidigten:
Der Bach, der des Redens müde war, sagte dem Wasser, es würde keine Partei ergreifen. Das Wasser, das des Schweigens müde war, begann sofort wieder zu schreien.
No pasarán.
Herzlichst,Vijay
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