Die Prinzipien der Kriegspropaganda. Schuld am Krieg sind immer die anderen, die Gründe für einen Waffengang werden meistens so frisiert, dass der Waffengang als moralisch unausweichlich erscheint
- Wolfgang Lieberknecht

- 1. März
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Schuld am Krieg sind immer die anderen, und die Gründe für einen Waffengang werden meistens so frisiert, dass der Waffengang als moralisch unausweichlich erscheinen kann. Über Gewinne und Verluste dagegen wird sich gerne ausgeschwiegen. Menschliche Opfer werden begrifflich als Kollateralschäden noch einmal ausradiert. Nach welchen Prinzipien funktioniert eigentlich diese Kriegspropaganda hat sich die belgische Historikerin Anne Morelli gefragt und darüber ein Buch geschrieben.
Von Jochen Stöckmann | 06.12.2004
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Schlechte Aussichten für Aufklärer, das könnte ein Fazit der Lektüre sein. Denn in den vergangenen hundert Jahren glich nicht nur ein Krieg dem nächsten, auch die Propaganda wurde austauschbar – und übermächtig. So sieht es Anne Morelli, und die Brüsseler Geschichtsprofessorin beruft sich dabei auf den Baron Arthur Ponsonby, einen englischen Diplomaten, der bereits nach dem Ersten Weltkrieg jene zehn „Prinzipien der Kriegspropaganda“ analysierte, die ihre Gültigkeit bis heute nicht verloren haben sollen:
1. Wir wollen den Krieg nicht
2. Das gegnerische Lager trägt die Verantwortung
3. Der Führer des Gegners ist ein Teufel
4. Wir kämpfen für eine gute Sache
5. Der Gegner kämpft mit unerlaubten Waffen
6. Der Gegner begeht mit Absicht Grausamkeiten, wir nur versehentlich
7. Unsere Verluste sind gering, die des Gegners enorm
8. Künstler und Intellektuellen unterstützen unsere Sache
9. Unsere Mission ist heilig
10. Wer unsere Berichterstattung in Zweifel zieht, ist ein Verräter.
Auf den ersten Blick scheint es tatsächlich frappierende Übereinstimmungen zu geben zwischen der propagandistischen Begleitmusik des Ersten Weltkriegs, der mit großen Worten und Verweis auf ein drohendes „Auschwitz“ betriebenen Einstimmung auf die NATO-Bombardements gegen Serbien oder einer als Nachrichtensendung kaschierten massiven TV-Reklame für die beiden Golfkriege als Mission einer weltumspannenden „Demokratie“-Bewegung. Aber stutzig macht, dass all dies im luftleeren Raum verhandelt wird, dass Morelli nicht schildert, wie denn nun die Zahnräder der Medien ineinander greifen, nicht die Mechanismen und Details recherchiert, sondern ausschließlich mit Zitaten argumentiert, ihre Kritik also auf die Produkte der Propaganda stützt. Diese Art oberflächlicher Medienkritik aber ist längst zum festen Bestandteil der Infotainment-Maschinerie geworden. Dem derart „aufgeklärten“, tatsächlich aber wohl eher abgebrühten Zeitgenossen gilt jede nicht explizit pazifistisch grundierte Kriegsberichterstattung als Propaganda. Unter diesem Blickwinkel betrachtet auch Moretti die Geschichte der Propaganda – und das führt zu einem verwirrend bunten Reigen anachronistischer Gleichsetzungen, der mit folgendem Beispiel eröffnet wird:
Anne Morelli - Die Prinzipien der Kriegspropaganda. Wir wollen keinen Krieg! #shorts #krieg #frieden

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