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Aktueller Bericht zur Ungleichheit in den Staaten und der Welt und damit zur Frage der Gerechtigkeit

Autorenbild: Wolfgang LieberknechtWolfgang Lieberknecht

Die weltweit einkommensschwächsten 50% erhalten 8% des Gesamteinkommens. Die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung besitzt 2% des weltweiten Vermögens. Die weltweit reichsten 10% besitzen 76% des gesamten Haushaltsvermögens und beziehen im Jahr 2021 52% des Gesamteinkommens. Wie reagieren wir darauf, wenn wir die Verpflichtung aus dem Grundgesetz ernst nehmen: Art.1.2) "Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt." Was ist zu tun, wird doch nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte Gerechtigkeit als Anerkennung der angeborenen Würde aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen angesehen. Die globalen Ungleichheiten scheinen heute ungefähr so groß zu sein wie auf dem Höhepunkt des westlichen Imperialismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Tatsächlich ist der Einkommensanteil der ärmsten Hälfte der Weltbevölkerung heute etwa halb so hoch wie im Jahr 1820, vor der großen Divergenz zwischen den westlichen Ländern und ihren Kolonien. Mit anderen Worten, es ist noch ein weiter Weg, um die globalen wirtschaftlichen Ungleichheiten zu beseitigen, die wir von der sehr ungleichen Organisation der Weltproduktion zwischen der Mitte des 19. und Mitte des 20. Jahrhunderts geerbt haben.


Zuverlässige Ungleichheitsdaten als globales öffentliches Gut Wir leben in einer datenreichen Welt und dennoch fehlen uns grundlegende Informationen über Ungleichheit. Zahlen zum Wirtschaftswachstum werden jedes Jahr von Regierungen auf der ganzen Welt veröffentlicht, aber sie sagen uns nicht, wie das Wachstum in der Bevölkerung verteilt ist – wer gewinnt und wer verliert durch die Wirtschaftspolitik. Der Zugang zu solchen Daten ist für die Demokratie von entscheidender Bedeutung. Über Einkommen und Vermögen hinaus ist es ebenso entscheidend, weitere Dimensionen sozioökonomischer Ungleichheit zu messen und zu überwachen, einschließlich geschlechtsspezifischer und ökologischer Ungleichheiten. Öffentlich zugängliche, transparente und zuverlässige Informationen über Ungleichheit sind ein globales öffentliches Gut. Dieser Bericht präsentiert den aktuellen Stand der internationalen Forschungsbemühungen zur Messung globaler Ungleichheiten.


Die hier präsentierten Daten und Analysen basieren auf der Arbeit von mehr als 100 Forscher*innen auf allen Kontinenten, die über einen Zeitraum von vier Jahren zur World Inequality Database (WID.world) beigetragen haben, die vom World Inequality Lab verwaltet wird. Dieses umfangreiche Netzwerk arbeitet mit statistischen Ämtern, Steuerbehörden, Universitäten und internationalen Organisationen zusammen, um international vergleichbare Ungleichheitsdaten aufzubereiten, zu analysieren und zu verbreiten.

Die gegenwärtigen Einkommens- und Vermögensungleichheiten sind sehr groß Eine durchschnittliche erwachsene Person verdient im Jahr 2021 KKP 16.700 € (KKP 23.380 USD), und besitzt ein Vermögen von 72.900 € (102.600 USD). Hinter diesen Durchschnittswerten verbergen sich große Unterschiede sowohl zwischen als auch innerhalb von Ländern. Die reichsten 10% der Weltbevölkerung beziehen derzeit 52% des weltweiten Einkommens, während die ärmste Hälfte der Bevölkerung 8,5% davon erhält. Im Durchschnitt verdient eine Person aus den obersten 10% der weltweiten Einkommensverteilung 87.200€ (122.100 USD) pro Jahr, während eine Person aus der ärmsten Hälfte der globalen Einkommensverteilung 2.800 € (3.920 USD) pro Jahr verdient (Abbildung 1). Die globalen Vermögensungleichheiten sind noch ausgeprägter als die Einkommensungleichheiten. Die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung besitzt, mit nur 2% des Gesamtvermögens, kaum Vermögen. Im Gegensatz dazu besitzen die reichsten 10% der Weltbevölkerung 76% des gesamten Vermögens. Im Durchschnitt besitzt die ärmste Hälfte der Bevölkerung 2.900 € pro Erwachsenen, d. h. 4.100 USD, während die obersten 10% über durchschnittlich 550.900 € (oder 771.300 USD) verfügen.

Interpretation: Die weltweit einkommensschwächsten 50% erhalten 8% des Gesamteinkommens, gemessen in Kaufkraftparität (KKP). Die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung besitzt 2% des weltweiten Vermögens (in Kaufkraftparität). Die weltweit reichsten 10% besitzen 76% des gesamten Haushaltsvermögens und beziehen im Jahr 2021 52% des Gesamteinkommens. Topvermögende sind nicht unbedingt die Bezieher*innen von Spitzeneinkommen. Einkommen werden nach Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Erhalt von Sozialversicherungsleistungen, jedoch vor Steuern und bedarfsgeprüften Transfers, gemessen. Quellen und Datenreihen: www.wir2022.wid.world/methodology. KURZZUSAMMENFASSUNG 5 MENA (Naher Osten und Nordafrika) ist die ungleichste Region der Welt, Europa hat die geringste Ungleichheit Abbildung 2 zeigt das Niveau der Einkommensungleichheit in den verschiedenen Weltregionen. Die Ungleichheit variiert erheblich zwischen der einkommensgleichsten Region (Europa) und der Region mit der höchsten Ungleichheit (Naher Osten und Nordafrika, kurz MENA). In Europa beträgt der Einkommensanteil der einkommensstärksten 10% etwa 36%, während er in der MENA-Region 58% erreicht. Zwischen diesen beiden Werten sehen wir eine Vielfalt von Ungleichheitsniveaus. In Ostasien etwa erhalten die obersten 10% 43% des Gesamteinkommens und in Lateinamerika 55%. Das durchschnittliche Nationaleinkommen sagt wenig über Ungleichheit aus Die Weltkarte der Ungleichheit (Abbildung 3) zeigt, dass die durchschnittlichen nationalen Einkommensniveaus schlechte Indikatoren für Ungleichheit sind: Unter den reichen Ländern sind einige sehr ungleich (wie die USA), während andere relativ gleich sind (z. B. Schweden). Dasselbe gilt für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen, wobei verschiedene Länder Ungleichheiten auf extremem (z. B. Brasilien und Indien), hohem (z. B. China) oder moderatem bis relativ niedrigem Niveau (z. B. Malaysia, Uruguay) aufweisen.


Ungleichheit ist eine politische Entscheidung, keine Zwangsläufigkeit


Als Folge von Deregulierungs- und Liberalisierungsprogrammen, die in verschiedenen Ländern in unterschiedlicher Form umgesetzt wurden, nehmen die Einkommens- und Vermögensungleichheiten seit den 1980er Jahren fast überall zu. Dieser Anstieg verlief jedoch nicht einheitlich: In einigen Ländern hat die Ungleichheit spektakulär zugenommen (darunter die USA, Russland und Indien), während andere (europäische Länder und China) einen relativ geringeren Anstieg verzeichneten. Diese Unterschiede, die wir in der letzten Ausgabe des Berichts zur weltweiten Ungleichheit ausführlich diskutiert haben, bestätigen, dass Ungleichheit nicht unausweichlich, sondern eine politische Entscheidung ist.1


Die heutigen weltweiten Ungleichheiten entsprechen in etwa dem Niveau des frühen 20. Jahrhunderts, dem Höhepunkt des westlichen Imperialismus


Während die Ungleichheit innerhalb der meisten Ländern zugenommen hat, ist die Ungleichheit zwischen den Ländern in den letzten zwei Jahrzehnten zurückgegangen. Infolgedessen verringerte sich auf globaler Ebene die Kluft zwischen den Durchschnittseinkommen der 10% reichsten Menschen und dem der 50% ärmsten Menschen etwa von einem Faktor von 50 auf etwas weniger als 40 (Abbildung 5). Gleichzeitig nahmen die Ungleichheiten innerhalb von Ländern deutlich zu. Der Abstand zwischen den durchschnittlichen Einkommen der obersten 10% und der untersten 50% innerhalb von Ländern hat sich von einem Faktor von 8,5 auf 15 fast verdoppelt (siehe Kapitel 2). Dieser starke Anstieg der Ungleichheiten innerhalb von Ländern hat dazu geführt, dass trotz des wirtschaftlichen Aufholprozesses und starken Wachstums in den Schwellenländern die Welt heute besonders ungleich ist. Dies bedeutet auch, dass Ungleichheiten innerhalb von Ländern jetzt noch größer sind als die zwischen den Ländern beobachteten erheblichen Ungleichheiten (Abbildung 6). Interpretation: In Lateinamerika erhalten die oberen 10% 55% des Nationaleinkommens, verglichen mit 36% in Europa. Einkommen werden nach Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Erhalt von Sozialversicherungsleistungen, jedoch vor Steuern und bedarfsgeprüften Transfers, gemessen.

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