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Täglich ertrinken mindestens 7 Menschen im Mittelmeer:Schock vor Lampedusa vor 10 Jahren ohne Folgen

Zehn Jahre nach Katastrophe vor Lampedusa: Europas vermeintliche Wende bei Migration: Zehntausende Flüchtlinge und Migranten sind in den vergangenen Jahren im Mittelmeer gestorben, noch mehr gelten offiziell als vermisst. Und viele weitere Opfer fanden vermutlich gar keinen Eingang in die Statistik der Vereinten Nationen, weil deren Tod niemand mitbekommen hat. 3. Oktober 2013 Vor der Insel Lampedusa sinkt ein Schiffskutter. 368 Menschen sterben, 155 können sich retten (siehe oben). EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagt: "So eine Katastrophe darf es nicht wieder geben." Im Folgenden eine Auswahl der größten Schiffs- und Bootsunglücke der vergangenen zehn Jahre. "So lange die auch vom Westen zu verantwortenden Fluchtursachen nicht verringert werden, werden immer mehr Menschen versuchen in einer gespaltenen Welt in den Teil zu kommen, im dem man auch auf Kosten des anderen Teils wesentlich besser leben kann" (WL)


Auszüge aus der Standard.at: Am 3. Oktober 2013 starben 368 Flüchtlinge und Migranten im Mittelmeer. Die Weltöffentlichkeit wurde aufgeschreckt – ein paar Monate lang. Dann ging das Sterben auf hoher See weiter

368 Menschen verbrannten oder ertranken; 155 Passagiere überlebten die Tragödie, indem sie entweder an Land schwimmen oder noch rechtzeitig aus den Fluten gerettet werden konnten.

Das Flüchtlingsboot war von der libyschen Küste aus in See gestochen. An Bord befanden sich fast ausschließlich Geflüchtete aus Eritrea: Männer, Frauen und auch viele Kinder. Einer der Überlebenden war Joseph Gurja. Er hörte die verzweifelten Schreie seiner Weggefährten, die im Gegensatz zu ihm nicht schwimmen konnten und zu Dutzenden vor seinen Augen vom nachtschwarzen Meer verschluckt wurden. "Ich kann ihre Blicke bis heute nicht vergessen", erzählte er in diesen Tagen der Zeitung La Stampa.

Gurja lebt heute 3500 Kilometer vom Ort der Tragödie entfernt im norwegischen Trondheim, wo er Asyl erhalten hat und als Chauffeur arbeitet. Zum zehnten Jahrestag des Unglücks kehrt er, zusammen mit anderen Überlebenden, nach Lampedusa zurück, um der Toten vom 3. Oktober 2013 zu gedenken.

Die Staatskanzleien in ganz Europa zeigten sich erschüttert und gelobten, dass sich solche Dramen nie mehr wiederholen dürften.

Doch es dauerte nur eine Woche, bis bei einem neuen Schiffsunglück 268 Syrerinnen und Syrer den Tod fanden.

Planloses Europa

Seit dem Drama von Lampedusa ist Europa bezüglich einer gemeinsamen Asyl- und Migrationspolitik keinen Schritt weiter gekommen: Es existiert kein Konzept für eine gemeinsame europäische Seenotrettung, die Dublin-Reform ist seit Jahren blockiert, und von einem solidarischen Verteilschlüssel für die ankommenden Menschen ist schon gar nichts zu sehen.

Mehr als 28.000 Geflüchtete und Migranten sind seit dem 3. Oktober 2013 laut Uno im Mittelmeer ertrunken (siehe Grafik). Das sind fast sieben pro Tag – die tausenden Namenlosen, die in keiner offiziellen Todesstatistik erscheinen, sind dabei nicht mitgezählt. (Dominik Straub, 3.10.2023)


CHRONOLOGIE

Zehntausende Flüchtlinge und Migranten sind in den vergangenen Jahren im Mittelmeer gestorben, noch mehr gelten offiziell als vermisst. Und viele weitere Opfer fanden vermutlich gar keinen Eingang in die Statistik der Vereinten Nationen, weil deren Tod niemand mitbekommen hat. Im Folgenden eine Auswahl der größten Schiffs- und Bootsunglücke der vergangenen zehn Jahre:

3. Oktober 2013 Vor der Insel Lampedusa sinkt ein Schiffskutter. 368 Menschen sterben, 155 können sich retten (siehe oben). EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagt: "So eine Katastrophe darf es nicht wieder geben."

11. Oktober 2013 Zwischen Malta und Italien kentert ein Boot mit 480 Menschen. 268 von ihnen überleben das Unglück nicht. Den Behörden beider Länder wird vorgeworfen, Rettungsmaßnahmen nur zögerlich eingeleitet zu haben.

10. September 2014 Südöstlich von Malta fordern Schlepper auf zwei kleinen Schiffen, dass knapp 500 Menschen von einem anderen Schiff auf ihre Gefährte umsteigen sollen. Es kommt zu einem Streit, die Schlepper rammen schließlich das andere Schiff und versenken es. Es sterben etwa 480 Menschen, insgesamt gibt es bei dem Unglück nur elf Überlebende.

18./19. April 2015 200 Kilometer von Lampedusa entfernt sendet ein Schiff mit geschätzt mehr als 800 Menschen an Bord einen Notruf. Der Frachter King Jacob eilt zu Hilfe. Das Flüchtlingsschiff rammt den Frachter. Vermutet wird, dass der Kapitän sich verstecken wollte und daher nicht mehr aufmerksam manövrierte. Das Schiff kentert, man geht anfangs von knapp 800 Toten aus. Als das Wrack 2016 geborgen wird, korrigiert die italienische Marine die Opferzahl auf etwa 500.

25. Juli 2019 Vor der libyschen Küste bricht ein Schiff mit ca. 360 Menschen an Bord in zwei Teile. Für rund 200 von ihnen kommt jede Hilfe zu spät.

14. Juni 2023 Südwestlich von Griechenland im Ionischen Meer sinkt ein überfüllter Fischkutter mit geschätzt 500 bis 700 Menschen an Bord. 104 von ihnen können gerettet werden – allesamt Männer, weil sich die Frauen und Kinder unter Deck aufhielten. Gegen die griechische Küstenwache werden Vorwürfe laut, nicht geholfen zu haben – auch die Rolle der EU-Grenzschutzagentur Frontex wird kritisch hinterfragt. Verschiedene Untersuchungen laufen noch. (Kim Son Hoang, 3.10.2023)





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