top of page

Die Strategien der Tatenlosen zur Verhinderung von Klimaschutz über verdeckte Kampagnen

Treibhausemissionen: 70 Prozent, also mehr als zwei Drittel der Kohlendioxidemissionen weltweit, gehen auf das Konto von etwa hundert Unternehmen: Kohle-, Öl-, und Gaskonzernen.

Wer Klimaschutz verhindert

Die schlechte Nachricht: Die Bremser haben jetzt einfach ihre Taktik geändert. Sie leugnen nicht mehr, sie lenken ab. Sie tun alles, um nichts tun zu müssen. Mann nennt sie deshalb: die Tatenlosen. Ihren Einfluss spielten sie aus über konservative Politiker und Medien, aber auch über offene oder verdeckte Social-Media-Kampagnen.

In ihrem Lager sieht Michael E. Mann nicht nur die großen Energiekonzerne, sondern auch das Kohleexportland Australien, die Ölförderländer Saudi-Arabien und Russland. Besonders Russland habe viel zu verlieren: (D)ie russische Wirtschaft ist von der fortgesetzten Förderung und Monetarisierung von Russlands primärem Wirtschaftsgut – den Ölreserven – abhängig.“

Das große Ziel der tatenlosen Akteure: verhindern, dass Gesetze kommen, die die Wirtschaft entschieden dekarbonisieren; vor allem mit einem CO2-Preis, der der Freisetzung von klimaschädlichen Gasen ein Preisschild aufklebt.

Die Strategien der Tatenlosen

Und hier ist die Wahl der Mittel extrem interessant. Taktik Nummer eins: Verantwortung individualisieren. Dieser Strategie zufolge soll der Einzelne das Gefühl bekommen: Er muss erstmal bei sich selbst anfangen. Indem er kein Fleisch mehr isst, sein Auto verschrottet, selten fliegt.

Der Klimaforscher illustriert dies am Beispiel des individuellen CO2-Fußabdrucks. Dieses Konzept sei vor allem vom Energiekonzern BP vermittelt worden. Im Resultat gingen nun Klimaschützer ständig mit erhobenem Zeigefinger aufeinander los.

„Wenn sich der Klimadiskurs in ein Gezeter über Ernährungs- und Reiseentscheidungen verwandelt (…) werden sich die Interessen der fossilen Brennstoffwirtschaft durchsetzen.“

Weniger Fleisch essen, weniger fliegen, keine Plastiktüten mehr – aber das ist doch sinnvoll, oder? Schon, entgegnet der Autor. Aber der Einfluss des Individuums sei vergleichsweise klein und reiche allein eben nicht aus.

Zur Illustration: Rindfleisch-Essen trage weltweit etwa sechs Prozent zu den globalen Treibhausemissionen bei. Der Flugverkehr nur drei Prozent. Aber 70 Prozent, also mehr als zwei Drittel der Kohlendioxidemissionen weltweit, gehen auf das Konto von etwa hundert Unternehmen: Kohle-, Öl-, und Gaskonzernen. Die könne man nur politisch regulieren, schreibt Mann.

„Sanfter Untergangsglaube“

Eine weitere Ablenkungs-Strategie: Klimabewusste verunsichern – zum Beispiel mit Fragen wie: Kostet Klimaschutz nicht zu viele Arbeitsplätze? Machen Windkraftanlagen krank? Und töten die Rotoren der Windräder nicht doch ein paar Vögel? Dabei stelle „der Klimawandel für Vögel eine weitaus größere Bedrohung dar (…) als es Windkraftanlagen sind“, schreibt Mann.

Die Profiteure des Status quo seien hingegen geübt darin, Zweifel zu säen und künstliche Dilemmata zu kreieren.

Ein weiteres Ablenkungsmanöver besteht darin, die Klimakrise groß zu reden. So groß, dass sich Lähmung breitmacht: Wir können ja eh nichts mehr tun, es ist ohnehin schon zu spät. Überbordender Pessimismus sei kontraproduktiv, weil er Menschen lähme. Und damit wirke er fast mächtiger als die Werkzeuge der Klimaleugner.

Beruhigende Begriffe

Das vierte große Narrativ, das politische Einschränkungen für Unternehmen verhindern soll: Es gibt doch technische Lösungen für den Klimawandel! Warum CO2-Emissionen reduzieren, wenn man doch das klimaschädliche CO2 zum Beispiel einfach in unterirdische Speicher drücken könne? Michael E. Mann:

„Die Anstifter klimapolitischer Untätigkeit haben versucht, den tatsächlichen Fortschritt beim Klimaschutz zu kapern, indem sie ‚Lösungen‘ wie Erdgas, CO2-Abscheidung oder Geoengineering propagieren, welche aber keine wirklichen Lösungen sind. Teil der Strategie ist die Verwendung beruhigender Begriffe wie ‚Brückentechnologien‘, ‚saubere Kohle‘, ‚Anpassung‘ oder ‚Resilienz‘.“

Wir können uns, findet der Autor, aus der Klimakrise nicht mit Ingenieurskunst herausmanövrieren.


34 Ansichten0 Kommentare
bottom of page