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Selbst die «RAND Corporation» erklärt Israels Strategie in Gaza für falsch und gescheitert

Autorenbild: Wolfgang LieberknechtWolfgang Lieberknecht

(Red.) Die RAND Corporation, eine weltberühmte US-amerikanische Forschungs- und Beratungsfirma, rühmt sich, in gut 50 Ländern 1800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu beschäftigen, die insgesamt in über 75 Sprachen forschen und kommunizieren können und von denen über tausend, also mehr als die Hälfte, über ein Doktorat oder sogar mehrere Doktorate verfügen. RAND ist also nicht einfach einer von unzähligen so genannten Thinktanks. Und was zu beachten besonders wichtig ist: RANDs beste Kunden sind das US-State Department (also das US-Außenministerium) und das US-Militär: die US-Army, die US-Air Force und das US-Department of Homeland Security. Diese staatlichen Kunden zahlen mehr als die Hälfte aller RAND-Einnahmen. Jetzt hat RAND auf ihrer Website ein vernichtendes Urteil über die israelische Strategie veröffentlicht. (cm)

Die Redensart „Gras mähen“ („mowing the grass“, Red.) war in den letzten anderthalb Jahrzehnten die Schlagzeile der israelischen Strategie in Gaza. Sie spielt sich auf folgende Weise ab: Die Palästinenser, frustriert über den Zustand der Enklave, wenden sich an die Hamas, um sich an Israel zu rächen. Israel verhängt Beschränkungen wie die Blockade des Gazastreifens und begründet dies mit Sicherheitsbedenken. Die Lebensbedingungen in Gaza verschlechtern sich weiter und die Unzufriedenheit wächst. Die Hamas, der Palästinensische Islamische Dschihad und andere Organisationen nutzen die Unzufriedenheit aus und greifen Israel an. Israel reagiert darauf, indem es „das Gras mäht“ und die Täter zusammen mit einer Reihe von Zivilisten tötet, was bestenfalls ein paar Jahre relativen Friedens bringt und langfristig die Radikalisierung weiter anheizt. Und so setzt sich der Kreislauf unendlich fort.

Das „Gras mähen“ verkörpert mehr als nur strategischen Fatalismus, es spiegelt auch ein großes Maß an Hybris wider. Im Kern geht es um die Annahme, dass Israel den Strom-Regler (Rheostat, Red.) in Gaza kontrollieren kann, indem es die Hamas gerade so hart trifft, dass sie davon abgehalten wird, Israel anzugreifen, aber nicht so hart, dass Gaza im Chaos versinkt oder in einem regionalen Krieg explodiert. Wie ein israelischer Verteidigungsanalyst über den Gaza-Krieg 2014 sagte: „Wir wollen ihnen die Knochen brechen, ohne sie ins Krankenhaus zu bringen.“ Das ist ein schwieriges, wenn nicht gar unmögliches Gleichgewicht, das Jahr für Jahr gefunden werden muss, vor allem, wenn der interne Druck in Gaza zunimmt. Die 2 Millionen Einwohner leben auf einer Fläche so groß wie Philadelphia. 80 Prozent von ihnen sind verarmt und 46 Prozent arbeitslos. Etwa 108.000 Kubikmeter ungeklärte Abwässer fließen täglich aus dem Gazastreifen ins Mittelmeer, und Trinkwasser ist nur schwer zu bekommen. Vor diesem Hintergrund und in Ermangelung eines Weges zu etwas Besserem für die Menschen im Gazastreifen kann keine militärische Strategie zur Eindämmung der Gewalt auf Dauer erfolgreich sein. Ohne ein Sicherheitsventil war die Explosion des Gazastreifens schon programmiert.

 
 
 

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