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Ohne Demokratie wird es im Sudan keinen Frieden geben. Westliche Putsch-Legitimierung gescheitert

Die Militärputschisten, die den Sudan mit Gewalt überziehen, wurden zuvor von westlichen Regierungen unterstützt. Die Generäle Hemeti und al-Burhan verbündeten sich 2021 und verübten einen Militärputsch gegen die sudanesische Revolutionsbewegung, die für die Demokratie im Land mobilisierte. Nun bekämpfen sie sich gegenseitig mit Waffengewalt. Die einzige Hoffnung für das Land sind seine Widerstandskomitees, die die Notversorgung der Bevölkerung sicherstellen und gegen den Krieg mobilisieren. In Assuan, im benachbarten Ägypten, werden Hilfspakete zusammengestellt. Nachdem an der Grenze keine internationalen Organisationen vor Ort waren, sprangen lokale Initiativen ein, um gestrandete Geflüchtete zu versorgen,

03. Mai 2023. IMAGO / Xinhua

Von Muzan Alnee Übersetzung von Alexander Brentler Seit Wochen wird der Sudan von einer Welle der Gewalt erfasst, nachdem der Machtkampf zwischen den rivalisierenden Militärführern Abdel Fattah al-Burhan und Mohamed Hamdan Dagalo, besser bekannt als Hemeti, zu einem bewaffneten Konflikt eskalierte. Hunderte von Menschen wurden bereits getötet, Tausende verletzt. Mehr als 300.000 Geflüchtete mussten ihre Häuser und Wohnungen verlassen. »Westliche Regierungen hatten den Putsch legitimiert und versucht, seine Anführer in Verhandlungen einzubinden. Der aktuelle Konflikt beweist, dass dieser Ansatz gescheitert ist.« Die Generäle Hemeti und al-Burhan verbündeten sich 2021 und verübten einen Militärputsch gegen die sudanesische Revolutionsbewegung, die für die Demokratie im Land mobilisierte. Nun bekämpfen sie sich gegenseitig mit Waffengewalt.

Die USA und andere westliche Regierungen hatten den Coups legitimiert und anschließend versucht, seine Anführer in Verhandlungen einzubinden. Der aktuelle Konflikt beweist, dass dieser Ansatz gescheitert ist. Diese Strategie verfolgten sie jedoch nicht erst seit dem Putsch: Seit 2019 haben Diplomatinnen und Diplomaten die Partnerschaft und die Aufteilung der Macht zwischen den beiden Generälen mit Nachdruck gefördert. Die Begründung hierfür lautete, dass das Land dadurch wieder zu einer zivilen Regierungsform zurückfinden würde. Doch die Widerstandskomitees, die den Diktator Omar al-Bashir gestürzt haben, organisieren den Schutz von Zivilistinnen und Zivilisten vor dem jüngst aufgeflammten Konflikt. Ihre Anstrengungen bereiten den Boden für eine bessere Zukunft für den Sudan und seine Menschen.

(..) Die internationale Diplomatie, die ihre Anstrengungen vor allem auf Gespräche zwischen den Putschisten fokussierte, nahm die Demonstrierenden nicht ernst. Ihre Forderungen wurde für unrealistisch und naiv erklärt. Doch die Widerstandskomitees setzten ihre Arbeit vor Ort fort. Sie protestierten gegen das Coup-Regime und beteiligten sich am landesweiten Verhandlungsprozess über die Zukunft des Sudan. »Die Tatsache, dass sowohl SAF als auch RSF die Sprache der Revolution imitieren, zeigt, dass die revolutionären Organisationen die sudanesische Politik verändert haben.« Mehr als achttausend solcher Komitees nahmen an diesem Prozess teil, der in der Revolutionären Charta zur Etablierung des Volkssouveränität mündete. Diese sieht einen grundlegenden Wiederaufbau der Regierung vor – angefangen bei lokalen Gremien bis hin zu einer Legislative auf Landesebene, die die Regierung wählen und überwachen würde. Die Komitees präsentierten ihre Agenda als Pfad zu nachhaltigem Frieden, der die wichtigsten Probleme der sudanesischen Bevölkerung adressieren und den Menschen gleichen Zugang zum Prozess der politischen Entscheidungsfindung gewähren würde. Karrierepolitiker aus dem In- und Ausland ignorierten und verlachten ihre Vision. Selbstversorgung Als die Kämpfe ausbrachen, war es die politische Erfahrung der breiten Organisierung der Bevölkerung, die die sudanesischen Menschen rettete. Die Nachbarschaftskomitees von Khartum veröffentlichten am zweiten Tag der Auseinandersetzungen eine gemeinsame Erklärung, in der sie ihre Position verdeutlichten: »Wir sind nicht neutral, da wir friedlichen Widerstand gegen die Militarisierung unseres Landes leisten«, verkündeten sie. Die Erklärung brandmarkte al-Burhan und Hemeti als Feinde der Sudanesischen Revolution und rief die Bevölkerung dazu auf, sich zu organisieren und selbst zu versorgen. Diese Einstellung ist immer noch weitverbreitet, obwohl SAF und RSF beide Propagandakampagnen gestartet haben, die ihre Partikularinteressen mit denen der sudanesischen Bevölkerung und ihrer Revolution gleichsetzen.

(..) Entlang der Straßen, die aus Khartum in andere Landesteile führen, versorgten Jugendliche Menschen auf der Flucht mit Wasser und Lebensmitteln und luden sie in ihre Dörfer ein. Als tausende flüchtende Sudanesinnen und Sudanesen an der ägyptischen Grenze strandeten, wo keine internationale Organisationen präsent waren, sprangen mehrere Initiativen ein. Das Widerstandskomitee der nächstgelegenen Stadt, Dongola, organisierte einen Versorgungskonvoi ins Grenzgebiet. In Khartum koordinieren die neugegründeten Notaufnahmen inzwischen die Wiederherstellung der Stromversorgung mit Technikern. Diese und weitere Beispiele zeigen, dass die Widerstandkomitees den Slogan »Nein zum Krieg« durch praktische Lebenshilfe für die Menschen ergänzt haben.

Diplomatisches Desaster Ein wirklich realistischer und nachhaltiger Ansatz angesichts des Kriegs geht hingegen von der sudanesischen Bevölkerung aus. Je mehr sie Kontrolle über ihr eigenes Leben und ihre eigenen Ressourcen übernimmt, desto stärker wird die Macht der Generäle schwinden. Dieses revolutionäre Szenario bietet die Chance auf ein Ende der Kämpfe durch die Organisation einer landesweiten Widerstandsfront. Die etablierten internationalen Organisationen werden die sudanesische Bevölkerung dabei niemals unterstützen: Sie haben kein Interesse an echter Demokratie im Land, die den Willen des Volks umsetzt. Die Sudanesinnen und Sudanesen können sich nur Hilfe von anderen Revolutionärinnen und Kämpfern für Frieden und Gerechtigkeit erhoffen, die von der internationalen Diplomatie Rechenschaftspflicht und die Einhaltung ethischer Prinzipien einfordern können. Die Unterstützung unserer Genossinnen und Genossen weltweit ist von entscheidender Bedeutung, um zu verhindern, dass eine internationale Intervention im Sudan weitere Zerstörung anrichtet. Es bleibt dabei: »Nein zum Krieg, ja zu den Menschen!«

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