NATO-Erfolg?Schwere Kämpfe in Libyen könnten zum Bürgerkrieg eskalieren, das Land ist gespalten. Wahlen verhindern sie. Milizen&eine korrupte Elite herrschen in Kooperation mit ausländischen Mächten.
- Wolfgang Lieberknecht
- 17. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Die NATO hat 2011 völkerrechtswidrig den libyschen Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi in Zusammenarbeit auch mit islamistischen Milizen gestürzt. Jetzt liest und hören man in westlichen Medien wenig, ob des das Leben der Menschen verbessert hat. Vor dem Sturz und der Ermordung Gaddafis hatten die Libyer den höchsten Lebensstandard in Afrika, höher als in manchen europäischen Ländern. Gaddafi wollte die Afrikaner einen, um sie aus den neokolonialen Zwängen der westlichen Staaten zu befreien. Er stieß die Gründung der Afrikanischen Union an, wollte den Kontinent einen, eine gemeinsame afrikanische Währung schaffen, die innerafrikanische Entwicklungszusammenarbeit fördern. Jetzt malt die Neue Züricher Zeitung ein schlimmes Bild der Lage der Menschen in Libyen. Wann ziehen wir die NATO zur Rechenschaft für das Verbrechen, das sie den Libyern angetan hat unter der Parole Demokratie zu bringen und ein Land von einem Diktator zu befreien.
Auszüge aus dem Bericht der Neuen Züricher Zeitung (NZZ): Nach mehreren Tagen schwerer Kämpfe herrscht in der libyschen Hauptstadt seit Freitagmorgen eine angespannte Ruhe. Panzer rollten durch die Strassen. Ärzte aus den besonders umkämpften Stadtteilen Abu Slim und Suk al-Juma schätzen gegenüber der NZZ, dass es mindestens 75 Tote und über 130 Verletzte gab. Offizielle Opferzahlen gibt es nicht.
Über Nacht schmiedeten ehemals verfeindete Milizen eine neue Allianz gegen den Ministerpräsidenten. Sie präsentieren sich nun als Vorkämpfer gegen die korrupte politische Elite rund um Dbaiba. Seine Kritiker machen den Geschäftsmann und Multimillionär aus der Hafenstadt Misrata für die grassierende Korruption in Westlibyen verantwortlich. Doch auch sie schauen mit Sorge auf seinen möglichen Sturz. Denn eine ernsthafte politische Alternative gibt es derzeit nicht. Zahlreiche Vertreter der Opposition sind in den letzten Jahren in den Gefängnissen der Milizen verschwunden oder geflohen.
Nun wächst erneut die Angst vor einem neuen Bürgerkrieg in Libyen, der internationale Implikationen haben könnte. Dbaiba wird von der Türkei unterstützt. Ankara hatte 2019 und 2020 mit massiver Militärhilfe dafür gesorgt, dass Tripolis und Misrata nicht an den in Ost- und Südlibyen herrschenden Feldmarschall Khalifa Haftar fielen, der von Russland unterstützt wird. Im Gegenzug für die türkische Hilfe unterstützt die Zentralbank des wohl ölreichsten Landes Afrikas die Regierung von Recep Tayyip Erdogan mit diversen Krediten.
Gegenüber der NZZ haben gut informierte Offiziere angegeben, dass am Mittwoch türkische Militärflugzeuge mit Waffen in Misrata gelandet seien. Laut ihnen sind mehrere Konvois aus der Handelsstadt auf dem Weg nach Tripolis, um Dbaiba im Kampf gegen die Milizen zu helfen.
Khalifa Haftar, der gerade von einer einwöchigen Reise aus Moskau zurückgekehrt ist, käme ein Machtvakuum in Tripolis derweil gelegen. Seit Dienstag fliegen Iljuschin-76-Militärtransporter seiner Libyschen Nationalarmee Militärgeräte aus dem Osten des Landes ins zentrallibysche Sirte. Haftar könnte sich der Anti-Dbaiba-Allianz anschliessen – oder aber mit ihm gemeinsame Sache machen.
Viele Libyer sind völlig ratlos, wie es nun weitergehen soll. Von ihrer politischen Elite haben sie genug, aber Neuwahlen wurden letztmals im Dezember 2011 von den Milizen verhindert. Die Sondergesandte des Uno-Generalsekretärs für Libyen, Hanna Tetteh, hielt vor dem Uno-Sicherheitsrat am Donnerstag eine wütende Rede an die internationalen Verbündeten der Kriegsparteien. «Wir haben genug von den Versuchen, nur temporäre Lösungen zu finden, ohne wirkliches Engagement. Sie führen immer wieder zu demselben Ergebnis: der Macht des Stärkeren.»
Wir erinnern an diese brutale Erfolgsmeldung über einen Mord, den die NATO zu verantworten hat:
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