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AutorenbildWolfgang Lieberknecht

Melzer: Hamas wird für das Massaker verurteilt, Israels Piloten, die mit Bomben töten, werden geehrt

Rede des jüdischen Verlegers, Abi Melzer am 12. November in Frankfurt: Meine Damen und Herren, liebe Freunde,

Vor mehr als 2500 Jahren predigte der Prophet Jeremias: „Frieden, Frieden und es gibt keinen Frieden.“ (Jeremias 6.14) An dieser Aussage hat sich nichts geändert. Sie ist so aktuell, als ob sie gestern gerufen wurde. Es gibt wohl keine Region auf der ganzen Welt in der mehr Kriege stattgefunden haben und offensichtlich immer noch stattfinden wie der Nahe-Osten bzw. die Region, die man Israel bzw. Palästina nennt.

Den letzten Kriegsausbruch nannte UN-Generalsekretär Guterres: Eine Krise der Menschheit.

Natürlich war die Tat der Hamas bestialisch, unmenschlich und nicht akzeptabel. Ich bin der letzte, der das in Frage stellen würde. Aber es gibt ein „aber“. Man sieht nur das Leid der Juden, der betroffenen und natürlich muss und soll man es sehen. Aber, und da kommt mein „aber“, man muss endlich auch das Leid der Palästinenser sehen und auch sie erwarten Solidarität und Verständnis. Bei aller Solidarität mit Israel schaffen es unsere Politiker nicht mal, ein Wort des Mitgefühls für die Menschen in Gaza aufzubringen, geschweige denn, die Tötung von palästinensischen Zivilisten, Frauen und Kinder, zu verurteilen. Viele Menschen in Deutschland finden die Tat der Hamas entsetzlich. Aber sie finden auch, dass die deutsche Gesellschaft das Leid der Palästinenser geradezu ignorieren. Man hat den Palästinensern das Recht genommen zu trauern. Die Polizei hat sogar Kerzen entfernt, die an die toten Opfer auf beiden Seiten erinnerten.


Natürlich ist die Tat vom 7.Oktober bestialisch, unmenschlich und muss von allen Menschen verurteilt werden. Aber das Abwerfen einer 1000 Kg Bombe auf ein Wohngebiet in Gaza und die Tötung von unzähligen Zivilisten, darunter Kinder, Säuglinge und alte Menschen, ist auch bestialisch und unmenschlich. Für das Massaker am 7.10. wurde die Hamas weltweit verurteilt. Für das Abwerfen eine 1000 Kg Bomber bekam der Pilot einen Verdienstorden. Ich will nicht vergleichen, aber das muss man eben wissen, bevor man die Palästinenser verurteilt. Es ist eben, wie es Guterres gesagt hat: Die bestialische Tat der Hamas geschah nicht in einem Luft leeren Raum. Sie hat eine lange Vorgeschichte, um die sich die Weltgemeinschaft nicht gekümmert hat und sich immer noch nicht kümmert.


Viele Palästinenser schweigen. Sie haben Angst, dass ihre Worte verdreht und als antisemitisch interpretiert werden, wie es leider allzu oft passiert. Sie verzweifeln an der deutschen Debatte, die sich über Begriffe und unnötige Worte aufhält, während in Gaza Menschen verhungern und verdursten und ihren Angehörigen in Deutschland gerade noch sagen können: Wir leben noch. Dabei kann sie aber das Bombardement am nächsten Tag schon töten.


Jüdische Opfer haben Namen und Gesichter. Palästinensische Opfer sind nur Zahlen ohne Gesicht und ohne Namen. Wenn Palästinenser sterben, sagen die Opfer in Gaza, gebe es niemanden, der ihren Tod herbeigeführt hat.

Das sich einsetzen für Menschenleben in Gaza ist nicht und kann nicht antisemitisch sein. Es ist eine zynische und perfide psychologische Manipulation, damit wir hier in Deutschland unseren moralischen Kompass verlieren und uns komplett aus dem Diskurs zurückziehen, aus Angst als Antisemit diffamiert und diskreditiert zu werden.

Man benutzt gegen uns zu viele Worte und Begriffe aus der Vergangenheit. Aber die Gegenwart im Nahen Osten ist anders. Wir brauchen neue Begriffe für die Situation und die aktuellen Ereignisse. 100 in Deutschland lebende jüdische Künstler und Künstlerinnen, Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen und Schriftsteller und Schriftstellerinnen haben einen Brief unterschrieben, in dem sie die Beendigung dieser grausamen und wirkungslosen Strafaktion fordern. Ich habe den Brief auch unterschrieben.


Der Angriff der Hamas hat auch Menschen getroffen, die sich für Frieden und eine Lösung des 100jährigen Konflikts eingesetzt haben. Menschen wie wir. Jetzt instrumentalisieren die Politiker die Opfer, um Dinge zu rechtfertigen, die mindestens die Hälfte der Israelis nicht will.


Wir stehen am Beginn eines Zivilisationsbruchs. Die Folge wird eine ungeheure Wut sein, die wir alle wie wir hier stehen zu spüren bekommen werden. Für mich und für uns alle muss die einzige Lehre aus dem Holocaust sein, sich für die Rechte aller Menschen einzusetzen, und nicht zu schweigen, wenn diese Menschenrechte verletzt werden, wie leider viele Deutsche tun. Zu lange wurde vergessen, dass wir für diesen Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern eine Lösung brauchen. Wir müssen deshalb unsere Politiker gnadenlos auffordern, diese Werte der Humanität und der Menschenrechte zu vertreten. Nur dann gibt es Hoffnung auf Frieden.


Seit 3 Generationen vegetieren die Menschen in Gaza in einem „Freiluftgefängnis“. Wobei es grundsätzlich nicht um Gaza geht, sondern um Palästina. Die Besatzung, über die nicht gesprochen wurde und über die nicht gesprochen wird, in keiner der Talkshows, ist der „Elefant im Raum“. Die Besatzung ist das Problem und sonst nichts. Man kann nicht ein Volk länger als 55 Jahren (von der Staatsgründung 1948 will ich noch nicht reden) in Gefangenschaft halten, unterdrücken, demütigen, berauben, vergewaltigen und sich sein Land Stück für Stück aneignen und glauben, dass es für ewig so weitergehen kann.


Der Schuldige ist in erster Linie Benjamin Netanjahu, der arrogant, selbstherrlich und selbstgerecht vor der UNO eine Landkarte der Region zeigt, auf der Palästina nicht gezeigt wird. Man kann nicht jahrelang behaupten, dass man in der Lage ist den Konflikt zu verwalten, ohne den Palästinensern auch nur einen Millimeter entgegenzukommen.


Die Palästinenser sind empört, frustriert und voller Zorn. Sie wollen endlich auch frei sein, frei leben und dieselben Rechte haben, wie ihre jüdischen Nachbarn. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.


Die Führer der Welt sehen aber, dass sich seit Jahrzehnten nichts ändert. Alle Welt hat Verständnis für die Juden und die Palästinenser werden nicht mehr beachtet. Und wenn sie protestieren und wenn bei uns in Deutschland Menschen ihr Leid verstehen und mit ihnen Mitleid haben, dann werden sie als Antisemiten diffamiert, wie zB ich. Mich nannte Charlotte Knobloch einen „berüchtigten Antisemiten.“


Das geht so nicht mehr. Die Tat vom 7.10. ist eine Zäsur und vor allem eine Mahnung und wenn die Israelis und die westliche sogenannte demokratische Welt diese Mahnung nicht verstehen werden, dann wird es noch schlimmer kommen. Am Ende sehe ich sogar die Gefahr eines Bürgerkrieges in Israel, eines Krieges mit seinen Nachbarn und schließlich sogar eines dritten Weltkrieges.

Man solle sich in die Lage eines Palästinensers in meinem Alter versetzen. Ich bin 78 Jahre alt. Dieser Palästinenser war noch nie frei in seinem Leben. Hat noch nie etwas anderes erlebt und gesehen als israelische Soldaten, Unterdrückung, Demütigung, Checkpoints und Straßen nur für Juden. Und wenn er das erduldet hat, so wollen seine Kinder und Kindeskinder es nicht mehr erdulden. Und sie haben recht.


Das Problem ist die selbstgerechte und leider rassistische israelische Gesellschaft, die zB schweigt, wenn ein durchgeknallter, rassistischer, ultranationalistischer Richter in Israel vor Gericht entscheidet, dass jüdisches Blut wertvoller ist als arabisches, wie vor mehr als 20 Jahren geschehen ist. Eine Gesellschaft, die zu einem solchen Urteil schweigt, darf sich nicht wundern, wenn sowas wie am 7.10. in Gaza geschieht.


Die Hamas muss vernichtet werden, weil die Hamas nicht nur der Feind Israels, sondern vor allem auch der Feind der Palästinenser in Gaza und in der Westbank ist. Die Frage ist nur wie man die Hamas vernichtet, ohne tausende Zivilisten zu töten und die Infrastruktur vollkommen zu zerstören. Israel hat die Hamas mit-gegründet und ist heute nicht in der Lage die Hamas zu besiegen. Aber die Bewohner von Gaza könnten das. Die internationale Gemeinschaft müsse Israel jetzt dazu drängen, die Besatzung zu beenden. Ansonsten werde der Konflikt sich nur verschärfen. Die Menschen in Gaza würden noch radikaler werden und nach ein, zwei Jahren werde es die nächste Runde geben. Es wird nie aufhören, solange die Besatzung nicht endet.


Es ist zynisch zu behaupten, dass der Krieg Israels ein Verteidigungskrieg ist. Es ist ein Vernichtungskrieg gegen die Hamas und gegen die Zivilbevölkerung. Israels Ziel ist es Gaza zu zerstören und für immer oder zumindest für lange Zeit unbewohnbar zu machen. Was vor den Augen der ganzen Welt stattfindet ist ein Rachekrieg bzw. ein Vergeltungskrieg, wie es die Israelis nennen, und nicht das, was uns permanent eingetrichtert wird, ein „Selbstverteidigungskrieg“. Vergeltung im Sinne von Rache. Nach den Kriterien des Völkerrechts ist es nichts anderes als Genozid. Und deshalb schockiert mich die Aussage von Bundeskanzler Olaf Scholz, dass „Israel ein demokratischer Staat mit sehr humanitären Prinzipien sei und die israelische Armee sich an die Regeln des Völkerrechts halten werde.“


Es ist nicht der erste sogenannte „Gaza-Krieg“. Über die israelische Strafaktion von 2008 hat der jüdische UN-Mitarbeiter Richard Goldstone seinen „Bericht der Untersuchungskommission der Vereinten Nationen über den Gaza Konflikt“ herausgegeben. Ein 800 Seiten dickes Buch, indem Israel vieler Kriegsverbrechen beschuldigt wird. Und wer sich in der Geschichte des Konflikts auskennt, weiß, dass auf israelischer Seite schon seit 1948 Kriegsverbrechen stattgefunden haben. Man kann das bei Uri Avnery, S. Izhar und andere israelischen Autoren und Historiker wie Ilan Pappe nachlesen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Staatsoberhäupter wie Olaf Scholz das nicht wissen. Seine Haltung ist deshalb verlogen, zynisch und nicht akzeptabel. Vor allem aber der immer wieder gehörte Vorwurf: Es handele sich um Antisemitismus. Da machen es sich viele Politiker, Intellektuelle, der Zentralrat der Juden und andere bedeutende oder unbedeutende Personen sehr leicht, wenn sie immer wieder „Antisemitismus - haltet den Dieb“ rufen.


Man soll und muss die Hamas beseitigen, wie man auch fundamentalistische Gruppen innerhalb der nationalistischen Siedlerbewegung zum Schweigen bringen muss. Die Faschisten und Kriegstreiber auf beiden Seiten müssen verschwinden.


Ich bin entsetzt und traurig, wie man bei uns die Palästinenser behandelt. Man hält sie alle für Terroristen. Es gibt die jüdisch-israelische Seite, die leben will, aber es gibt auch die palästinensische Seite, die ebenfalls leben will.

Ich spreche zu Ihnen nicht als jemand, der sein Wissen aus der Presse oder Talkshows hat, in denen so viele inkompetente Experten dummes Zeug reden. Ich spreche zu Ihnen als jemand, der in Israel aufgewachsen ist und in der israelischen Armee gedient hat und mit eigenen Augen viel Unrecht gesehen hat.

Ich arbeite seit vielen Jahren dafür, dass es aufhört. Leider ohne Erfolg. Aber „bedingungslose“ Unterstützung Israel ist nicht das, was ein „Freund“ machen sollte. Auch ein Freund Israels muss das internationale Völkerrecht beachten und danach handeln. Man hilft Israel nicht wenn man der dortigen zZ herrschenden ultra-rechten, nationalistischen und nach eigenen Angaben reaktionären Regierung einen Blanco check gibt und die Augen und Ohren zudrückt, weil man nicht sehen will und nicht hören darf. Die Israelis haben in der Vergangenheit schon Kriegsverbrechen begangen und sind diese Tage dabei in Gaza wieder Kriegsverbrechen zu begehen. Als Freunde müssen wir die Israelis davor abhalten.


Das bedeutet nicht, dass man die Hamas verschonen soll. Nein, die Hamas, als terroristische Organisation, muss ein für alle Mal vernichtet und beseitigt werden. Aber auch Israel muss umdenken, denn ansonsten wird eine Beseitigung der Hamas nicht nützen. Wenn Israel so weiter macht, werden neu palästinensische Terroristen wachsen und aus Erfahrung wissen wir, dass jede neue junge Generation Palästinenser radikaler und rücksichtsloser war. Und auch wenn man nicht damit einverstanden ist, so muss man es zur Kenntnis nehmen, dass junge Palästinenser, die ohne Hoffnung auf ein freies und unabhängiges Leben aufwachsen, bereit sind ihr Leben zu opfern, weil sie nichts zu verlieren haben außer ein Leben, dass für sie kaum lebenswert ist.

Die Palästinenser müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass die Hamas mit ihrer radikalen Politik und der Absicht Israel total zu zerstören, ihnen schadet. Sie müssen sich per „intifada“ von der Hamas befreien. Gaza ist nicht die Hamas. Gaza ist zum Friedhof für tausenden Kindern geworden, wie es UN-Generalsekretär Guterres sagte.


Und noch ein persönliches Wort: Alle denke n an die unschuldigen zivilen Geiseln. Ganz Israel trauert. Bis auf einen. Bis auf Benjamin Netanjahu. Wie kann unser unglücklicher Kanzler Olaf Scholz die Position Netanjahus unterstützen? Die Hamas wird ganz sicher die Geiseln nicht freilassen, ohne einen Erfolg vorweisen zu können. Die Hamas fordert die Freilassung von palästinensischen Gefangenen. Für einen einzigen israelischen Gefangenen, Gilad Schalit, hat Israel 1000 Gefangene freigelassen. Warum kann es nicht für mehr als 200 Geiseln 6000 Gefangene freilassen. Israel hat Angst, dass daraus Hamas-Kämpfer werden. Aber wenn Israel so weiter macht, dann werden 60 000 junge Palästinenser in den nächsten Jahren radikalisiert werden. Gaza ist doch schon so zerstört wie Berlin am Ende des 2. Weltkrieges. Jetzt weiterzukämpfen, bis der letzte Hamas-Kämpfer tot ist, ist meiner Meinung nach, nicht, was das Leben der Geiseln retten kann. Die Hamas-Kämpfer sind bereit zu sterben. Wollen wir warten bis der letzte alle Geiseln ermordet. Lohnt sich dieses Opfer für Israel? Ich meine nicht.


Aber das ist Netanjahus Pokerspiel. Gewinnt er, und befreit die Geiseln lebend, dann ist er ein Held und sein Gerichtsverfahren Schnee von gestern. Verliert er und die Geiseln sind alle tot, dann landet er entweder in einem israelischen Gefängnis oder es gelingt ihm mit seiner Familie nach Florida zu fliehen, wo eine Prachtvilla auf ihn wartet. Sein Sohn ist schon dort.


Ich finde es unerträglich, dass seit dem 7.Oktober in diesem Land fast nur noch über Antisemitismus gesprochen wird. Antisemitismus von rechts, Antisemitismus von links und vor allem Antisemitismus aus Palästina importiert. Als ob Deutschland Antisemitismus importieren müsste. Ich habe immer gegen Antisemitismus gekämpft und werde es auch weiter tun. Aber , und da kommt schon wieder mein „aber“, Kritik an Israels Politik ist per se noch kein Antisemitismus. Über die Gräueltaten der Hamas zu


Sprechen und die Lage der Palästinenser nicht zu berücksichtigen führt in die Irre. Da mache ich nicht mit. Ich habe mich schon vor langer Zeit auf die Seite des Rechts und der Gerechtigkeit geschlagen und da werde ich auch in dieser chaotischen und Grenzen überschreitenden Zeit bleiben. Deshalb besorgt mich was vor unseren Augen geschieht, zumal es nicht erst jetzt passiert und die Welt seit mehr als 50 Jahren erlaubt, dass Menschenrechte mit Füssen getreten werden und keiner der demokratischen Staaten, die ihre moralischen Werte mit uns teilen, zu dem steht, was meine Generation nach dem Zivilisationsbruch der Nazis geschworen hat: NIE WIEDER.

Diese Tage ist das Tagebuch von Prof. Saul Friedländer erschienen. Friedländer ist 91 Jahre alt und Träger des Friedenspreises des deutschen Buchhandels. Der Titel seines Buches heißt: Blick in den Abgrund – ein israelisches Tagebuch. Er hat das Buch in diesem Jahr geschrieben, zwischen dem 17. Januar und den 26. Juni. Er hat die letzte Eskalation noch nicht berücksichtigt. Ich bin sicher, dass wenn er eine Fortsetzung schreiben würde, diese heißen wird: Blick aus dem Abgrund. Israel befindet sich seit dem 7.10.2023 im freien Fall in den Abgrund. Ich habe seit Jahren davor gewarnt.

Und ein letztes Wort: Wenn gefragt wird ob es auf palästinensischer Seite jemanden gibt, dem es zuzutrauen wäre Kompromisse mit Israel zu schließen, die von allen Palästinensern, auch denen in Gaza, akzeptiert werden, dann denke ich an Marwan Bargouti, der aber gegenwärtig seit schon 10 Jahren in einem israelischen Gefängnis eingesperrt ist. Er ist in den Augen vieler Menschen der palästinensische Nelson Mandela. Auch dieser saß Jahrzehnte im Gefängnis und wurde nach seiner Befreiung zu einem weltweit gefeierten Staatsmann. Die Palästinenser haben jemanden. Auf israelischer Seite fehlt aber der Partner.


Abraham Melzer

(* 5. Februar 1945[1] in Samarkand, Usbekische SSR) ist ein deutscher jüdischer Verleger, Buchautor und Blogger. Jugend Melzer wurde im damals sowjetischen Usbekistan geboren, wohin sein Vater Joseph Melzer vor der nationalsozialistischen Verfolgung als Jude geflohen war. Im Jahre 1948 gelang der Familie die Weiterreise nach Israel. Dort besuchte Abraham die Grundschule. Nachdem seine Familie im Jahre 1958 nach Deutschland zurückgekehrt war, setzte er in Köln und Düsseldorf seine Ausbildung fort. Nach einer Verlagslehre im Werner Verlag in Düsseldorf und einer Mitarbeit im Verlag Bärmeier & Nikel in Frankfurt kehrte er 1968 zur Ableistung seines Wehrdienstes zeitweilig nach Israel zurück. Tätigkeit im Verlagswesen 1970 trat Melzer in den Verlag seines Vaters ein. 1979 wurde der Melzer Verlag wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht.[2] Im gleichen Jahr gründete er die Abi Melzer Verlag Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Mit Umfirmierung in Weiss Verlag Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Jahr 1982 schied er als Geschäftsführer aus, war dann aber von 1986 bis 1987 und von 1988 bis zur Löschung wegen Vermögenslosigkeit 1991 erneut Geschäftsführer.[3] 1976 gründete Melzer die "Abi" Melzer Productions Verlag Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die 1990 wegen Vermögenslosigkeit gelöscht wurde.[4] 1988 gründete er die unregelmäßig erscheinende Zeitschrift SEMIT, die nach der Einstellung 2012 von ihm unter dem ähnlichen Namen Der Semit als Blog fortgesetzt wird. Im Jahre 2001 kam es zur Neugründung des Melzer Verlages mit jüdischen und israelischen Themen. 2012 schloss Melzer seinen Verlag erneut. 2016 gründete er den Cosmics Verlag. Antizionistischer Aktivismus Melzer hat seinen politischen Weg als einen vom Zionisten über den Nichtzionisten zum Anti-Zionisten beschrieben.[5] Gemeinsam mit Henryk Broder publizierte er schon während seiner Ausbildungszeit die Zeitschrift KONTAKTE für deutsch-jüdische Freundschaft. Mit der Zeit entwickelte Melzer sich zu einem Kritiker der Besatzungs- und Siedlungspolitik des Staates Israel und begann, Bücher „israelkritischer“ Autoren in seinem Verlag zu veröffentlichen. Melzers Aktivitäten stießen insbesondere im deutschen Judentum nicht auf ungeteilten Zuspruch – selbst seine Mutter Miriam schrieb: „Abi, das sind schlimme Lügen, warum tust Du das?“[6] Zu Melzers Autoren zählt u. a. Ted Honderich, der in dem bei Melzer erschienenen Traktat Nach dem Terror die Ansicht vertritt, dass „die Palästinenser mit ihrem Terrorismus gegen die Israelis ein moralisches Recht ausgeübt haben“. Die Veröffentlichung von Hajo Meyers Buch Das Ende des Judentums: Persönliche Betrachtungen über Judentum, Holocaust und Israel führte zu einer erbitterten Kontroverse zwischen Melzer und seinem früheren Freund Broder. Meyer bezeichnete darin den Holocaust als eine „Laune der Geschichte“, spekulierte über eine zukünftige Absicht der Juden auf die Weltherrschaft und verglich die israelische Politik mehrfach mit der der Nationalsozialisten. Broder warf ihm deshalb vor, dass er eine Lücke entdeckt habe, die er „fleißig mit braunem Dreck füllt“. Er und Meyer seien „Kapazitäten für angewandte Judeophobie“. Das Landgericht Frankfurt am Main untersagte zunächst Broder beide Äußerungen. Die Formulierung „Wie zwei Juden für die Leipziger den Adolf machen“ ließ es hingegen als zulässige Meinungsäußerung gelten.[7][8] Das Oberlandesgericht Frankfurt hielt am 8. November 2007 auf Berufung von Broder nur die Untersagung der „braune Dreck“-Formulierung aufrecht. Alles Andere sei von der Meinungsfreiheit gedeckt, die auch ausfällige, überzogene und herabsetzende Äußerungen umfasse; dies gelte insbesondere bei einer „freiwillig erfolgten Beteiligung an einem provokant geführten Meinungsstreit“.[9] Am 23. September 2016 sollte Melzer in Zusammenarbeit mit dem Verein „Salam Shalom Arbeitskreis Palästina-Israel e.V.“ im städtisch geförderten Münchener Eine-Welt-Haus einen Vortrag mit dem Titel „Antisemitismus heute“ halten. Das Eine-Welt-Haus zog die Raumzusage nach einer Intervention des Münchner Kulturreferenten Küppers zurück, für den es nahe lag, „dass in der Veranstaltung die Grenze zwischen Israelkritik und Antisemitismus überschritten wird“. Auch Stadtrat Dominik Krause von den Grünen verurteilte die Veranstaltung und verwies darauf, dass im Flugblatt für die Veranstaltung explizit die Rede von „ethnischen Säuberungen“ durch Israel sei und palästinensischer Terror gerechtfertigt werde.[10] Nachdem Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, gegen die Vermietung von Ersatzräumen interveniert und dabei Melzer vorgeworfen hatte, er sei „für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt“, ließ Melzer ihr dies per einstweiliger Verfügung durch das Landgericht München I untersagen.[11][12] Im Hauptsacheverfahren wies das Gericht die Klage jedoch ab, da sie drei Aussagen von Melzer benannt habe, die sie laut Gericht als antisemitisch beurteilen durfte.[13] Als Melzer am 13. Oktober 2017 im Saalbau Gallus in Frankfurt am Main eine Lesung seines Buches Die Antisemitenmacher halten wollte, stornierte die städtische Betriebsgesellschaft des Gebäudes jedoch den Mietvertrag und bezog sich dabei auf einen Beschluss im Haupt- und Finanzausschuss des Frankfurter Stadtrates, dass man Antisemitismus keinen Raum geben und daher der Israel-Boykott-Bewegung BDS keine Räume mehr vermieten wolle.[14] Der Vortrag fand an einem anderen Ort statt.[15]




Teil 3 haben wir leider nicht gefunden.


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