Hyperschall-Waffentechnik: Nicht erkennbar, ob sie mit atomaren Sprengköpfen ausgerüstet sind
Auszüge aus NZZ: Wunderwaffen oder überschätzte Technologie? Die neuen Hyperschall-Systeme der Großmächte schaffen zusätzliche Risiken
Hyperschall-Waffentechnik gilt als der größte Fortschritt der Raketentechnologie in den letzten zehn Jahren. Bis vor kurzem setzten Streitkräfte auf ballistische Flugkörper und Marschflugkörper, von denen die meisten Überschallgeschwindigkeiten erreichen. Ballistische Flugkörper sind zwar schnell, bewegen sich jedoch wie ein Projektil auf einer vorhersehbaren Flugbahn. Marschflugkörper sind präziser, dafür aber langsamer.
Hyperschallwaffen sind noch schneller als herkömmliche Überschallwaffen und übertreffen die Schallgeschwindigkeit um ein Mehrfaches. Sie sind mindestens fünfmal so schnell, fliegen also mit Mach 5 (6125 Kilometer pro Stunde) oder mehr.
Aufgrund der hohen Geschwindigkeit bleibt dem angegriffenen Staat nur wenig Zeit für eine Entscheidung. Wegen der Manövrierbarkeit dieser Waffen kann es Fehlannahmen über das mutmassliche Ziel geben.
Hinzu kommt, dass sie Strecken in ungewöhnlichen Höhen zurücklegen. Aus diesen Gründen wird davon ausgegangen, dass Hyperschallwaffen mithilfe terrestrischer und weltraumbasierter Sensoren nicht zu entdecken sind. Und da für den angegriffenen Staat nicht erkennbar ist, ob sie mit konventionellen oder atomaren Sprengköpfen ausgerüstet sind, ergreift er womöglich die falschen Gegenmassnahmen.

Von James Schultz - http://nix.nasa.gov/info?id=EL-2001-00432 (direct link), Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=915543
Drei Nuklearmächte – die USA, Russland und China – nehmen bei der militärischen Nutzung von Hyperschall-Technologie eine führende Rolle ein.
Die Politik neigt dazu, die Fähigkeiten dieser Waffen zu überschätzen. Die erhöhte Fluggeschwindigkeit, die Überwindung grösserer Entfernungen und der heftigere Einschlag am Ziel sind eher evolutionäre denn revolutionäre Eigenschaften dieser neuen Generation von Waffensystemen. In Geschwindigkeit und Reichweite sind Hyperschall-Systeme mit Interkontinentalraketen vergleichbar.
Doch selbst wenn die Fähigkeiten dieser Waffen noch einer nüchternen technischen Prüfung zu unterziehen sind, liegt den Grossmächten vor allem etwas daran, ihren technologischen Vorsprung und ihr nationales Prestige zu wahren. Dies allerdings erhöht die Gefahr einer unbeabsichtigten bewaffneten Konfrontation.
Hyperschallwaffen sollten in zukünftigen Vereinbarungen zur Rüstungskontrolle eingeschlossen werden, um ihre Verbreitung einzuschränken. Ungeachtet ihrer tatsächlichen militärischen Leistung und ihrer erwarteten Vorteile hat diese neue Waffentechnologie das Sicherheitsumfeld bereits destabilisiert, da sie die Wahrnehmung von Angreifbarkeit verändert hat.
Es ist weniger wahrscheinlich, dass die Grossmächte politische Umsicht walten lassen und neue multilaterale Abkommen zur Rüstungskontrolle abschliessen, wenn sie intensiv mit einem Wettrüsten beschäftigt sind, bei dem es darum geht, Waffen zu konstruieren und zu perfektionieren. Konfliktprävention und vertrauensbildende Massnahmen zur Förderung von Transparenz, Konsultation und Dialog werden damit immer wichtiger.