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Hitze, Dürre, Brände: »Was wir an Extremen im Mittelmeerraum sehen, passt zu unseren Projektionen.«

Auszüge aus der Spiegel: So düster ist die Uno-Prognose für den Mittelmeerraum Der Weltklimarat hat den ersten Teil seines neuen Berichts vorgelegt. Am zweiten arbeitet er noch, doch ein Entwurf zeigt dramatische Vorhersagen für die aktuell gebeutelte Region rund um das Mittelmeer. Von Christoph Seidler 10.08.2021, 06.27 Uhr

Die Vorhersagen sind dramatisch, doch wir werden uns wohl daran gewöhnen müssen. Nun ist die aktuelle Hitzewelle in der Region allein kein stechender Beleg für die Klimakrise – Wetter ist eben nicht gleich Klima. Auch Hitze allein sorgt nicht unmittelbar für Brände und auch weitere menschliche Einflüsse spielen eine Rolle. So berichten griechische Ermittler von Festnahmen wegen vermuteter Brandstiftung. Klar ist unter Experten aber: Der Mittelmeerraum ist – neben anderen Weltregionen wie der Arktis – im wahrsten, traurigen Wortsinn ein Hotspot des Klimawandels. Nach dem Entwurf eines Dokuments des Uno-Weltklimarates (IPCC) muss sich die Region auf stärkere Hitzewellen, Trockenheit und mehr Feuer einstellen – aber nicht nur: »Besorgniserregend sind unter anderem Risiken im Zusammenhang mit dem Anstieg des Meeresspiegels, dem Verlust der biologischen Vielfalt an Land und im Meer, Risiken im Zusammenhang mit Dürren, Waldbränden, Veränderungen des Wasserkreislaufs, gefährdete Nahrungsmittelproduktion, Gesundheitsrisiken in städtischen und ländlichen Siedlungen durch Hitze sowie veränderte Krankheitsüberträger«.

Am Montag wurde die Ausarbeitung der Arbeitsgruppe I veröffentlicht, die sich mit den physikalischen Grundlagen der Klimaforschung befasst (lesen Sie dazu hier eine umfassende Analyse). Dabei geht es unter anderem um die fundamentale Frage, welches Plus bei der Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre für welches tatsächliche Maß an Erwärmung sorgt. In dem Bericht warnen die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter anderem, dass der Anstieg der globalen Mitteltemperatur von 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau bereits früher erreicht werden dürfte als bisher angenommen. Konkret ist von den frühen Dreißigerjahren die Rede. »Je wärmer es weltweit wird, desto mehr werden wir nie erlebte und bisher nie erreichte Extremereignisse sehen«, warnt etwa Friederike Otto, Autorin des Kapitels über Wetterextreme und Leiterin des Environmental Change Institute der University of Oxford. In dem Berichtsentwurf wird von überdurchschnittlich steigenden Temperaturen in der Region gewarnt, die etwa 20 Prozent stärker zulegen als der globale Mittelwert. Interessant ist, dass sich das im Fall der Mittelmeerregion aber nicht in stärkere Niederschläge übersetzen dürfte – und dass, obwohl wärmere Luft eigentlich mehr Wasserdampf aufnehmen kann. Die Forscher vom Massachusetts Institute of Technology gerade im »Journal of Climate« machen eine Kombination aus Veränderungen der Winde in der oberen Atmosphäre, der Lage der Gebirge im Mittelmeerraum und die sich verringernde Temperaturdifferenz zwischen den Landmassen und dem von ihnen eingeschlossenen Meer dafür verantwortlich. Bis zu 93 Millionen Menschen im nördlichen Mittelmeerraum könnten bis zur Mitte des Jahrhunderts hohem oder sehr hohem Hitzestress ausgesetzt sein, heißt es in dem IPCC-Berichtsentwurf. »Der Klimawandel führt dazu, dass die mediterranen Landschaften immer häufiger entflammbar werden, weil die Vegetation austrocknet und brennbar wird«, so Matthew Jones vom Tyndall Centre for Climate Change Research im britischen Norwich. Aber die Forschung hat dazu inzwischen belastbare Erkenntnisse. »Der Bericht macht sehr deutlich, dass der Klimawandel bei der Hitze ein Gamechanger ist«, sagt Forscherin Otto zu dem am Montag vorgestellten Text der Arbeitsgruppe I. Zumal mit steigender Temperatur auch kombinierte Extremwetter wahrscheinlicher werden, also dass Hitzewellen und Dürren oder Starkregen und Stürme bedingt durch den Klimawandel gleichzeitig auftreten. Neben sterbenden Korallenriffen, schwindendem Meereis und von Abholzung bedrohten Urwäldern wird es dabei eben auch um die dramatischen Folgen für die Menschen im Mittelmeerraum gehen. Forscher Pörtner warnt: »Wir verlieren mit der Beschädigung der natürlichen Umwelt unseren wichtigsten Verbündeten im Kampf gegen den Klimawandel.« https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/weltklimarat-so-duester-ist-die-uno-prognose-fuer-den-mittelmeerraum-a-01c86a7e-07b5-4ecf-ae9a-5b14e5b90c66


Auszüge aus Deutschlandfunk-Kultur:

Und was kommt auf Deutschland zu? Neuer Uno-Klimabericht„Unsere Kinder werden Landschaften ohne alte Bäume sehen“

Toralf Staud im Gespräch mit Julius Stucke Mehr Hitzewellen, schwere Dürren, Wassermangel, Artensterben – das Verfehlen des 1,5-Grad-Ziels hätte nach Einschätzung des UN-Weltklimarates „irreversible Auswirkungen“. Was das konkret für Deutschland bedeutet, hat Toralf Staud recherchiert. Der neue Bericht des UN-Weltklimarates IPCC hätte eigentlich erst im August kommenden Jahres veröffentlicht werden sollen. Doch schon vorab sind jetzt einige Zahlen durchgedrungen, die deutlich machen, wie dramatisch die Auswirkungen sein werden, sollte das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens nicht eingehalten werden. Die Experten des Weltklimarats warnen vor diesen Folgen:

  • Bei einer Erderwärmung um zwei Grad sind 420 Millionen Menschen zusätzlich dem Risiko von Hitzewellen ausgesetzt.

  • 410 Millionen Bewohner von Ballungsräumen (auch in Europa) werden bis zum Jahr 2050 wegen schwerer Dürren unter Wassermangel leiden.

  • Zwischen acht und 80 Millionen Menschen haben zusätzlich ein Hungerrisiko.

  • Das klimabedingte Sterberisiko wird auch in Europa steigen, und es wird auch in Deutschland mehr schwere Stürme und immer mehr Mücken geben, die Krankheiten wie Malaria, Dengue oder Zika übertragen.

Für die Länder des globalen Südens sind die Auswirkungen des Klimawandels in jeder Hinsicht schlimmer: mehr Hitze, mehr Dürre, mehr Ernteausfälle, mehr Stürme und Sturmfluten – und auch mehr Klimatote.

„Unsere Städte sind für das Klima der Zukunft nicht ausgelegt“ Trotz dieser erneuten Warnung scheint die Gefahr des Klimawandels für viele immer noch abstrakt zu bleiben. Um die Veränderungen konkreter erfahrbar zu machen, hat der Journalist und Autor Toralf Staud das Buch „Deutschland 2050. Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird“ geschrieben. Für die heutigen Kinder werde das Leben in Deutschland viel heißer werden, sagt Staud: „Temperaturen von 40 Grad im Sommer werden nicht mehr die Ausnahme sein“. Es werde mehr Dürren geben – „mit verheerenden Folgen für die Felder und die Landwirtschaft“, aber auch für die Städte: „Unsere Städte sind für das Klima der Zukunft nicht ausgelegt. Sie überhitzen. Es wird dort tatsächlich ungemütlich und teils lebensgefährlich.“ Hirse, Soja oder Kichererbsen in Brandenburg „Die Realität überholt die Szenarien der Wissenschaft“, sagt Staud mit Blick auf Berichte wie die des Weltklimarates. Das Klima komme sehr viel schneller „ins Rutschen“, als es die Forschung vorausgesagt habe. „Unsere Kinder werden ganze Landschaften ohne alte Bäume haben.“ Die klassischen deutschen grünen Wälder werde es in manchen Gegenden nicht mehr geben.

MEHR ZUM THEMA „Deutschland 2050. Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird“ – Es wird bald sehr ungemütlich (Deutschlandfunk Kultur, Lesart, 22.6.2021) Klima- und Energiepaket der Koalition – „Zeitverzögerungen, die wir uns nicht erlauben können“ (Deutschlandfunk, Interview, 22.6.2021) Klimawandel und Artenschutz – Die Suche nach einer umfassenden Strategie (Deutschlandfunk, Forschung aktuell, 10.6.2021)

https://www.deutschlandfunkkultur.de/neuer-uno-klimabericht-unsere-kinder-werden-landschaften.1008.de.html?dram:article_id=499235



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