Ein mutmaßlich ukrainischer Drohnenangriff auf ein russisches Frühwarnsystem bei Armawir in Südrussland hat laut Militärexperten das Potenzial, im Krieg in der Ukraine eine "gefährliche Eskalation" folgen zu lassen. Oberst Markus Reisner analysiert.
Bei einem ukrainischen Drohnenangriff soll nach inoffiziellen Berichten ein Radar des russischen Frühwarnsystems gegen anfliegende Atomraketen beschädigt worden sein. Fotos von Schäden an der Anlage nahe der Stadt Armawir in Südrussland seien in russischen und ukrainischen Kanälen aufgetaucht, schrieb das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) in seinem Lagebericht am Freitagabend.
Oberst Markus Reisner vom österreichischen Bundesheer hält den Angriff für sehr bemerkenswert und meint, er liefere: "hochbrisantem Zündstoff für eine neuerliche, gefährliche Eskalation". Die Station ist ein wichtiger Teil des russischen Frühwarnsystems für Interkontinentalraketen und damit für Russland extrem wichtig anfliegende nukleare Bedrohungen frühzeitig zu erkennen.
1. Warum ist der mutmaßliche ukrainische Drohnenangriff auf die russische Radarstation Armawir überaus bemerkenswert?
Weil die Anlage so immens wichtig für Russland ist, um atomare Bedrohungen zu erkennen. In ganz Russland gibt es derzeit nur bis zu zehn derartige Frühwarnradarsysteme, die im ganzen Land verteilt sind. Bei diesen Voronezh-DM-Radaren handelt es sich um "Over-the-Horizon" (OTH) - "Ultra High Frequency" (UHF)-Radare mit Reichweiten von über 6.000 Kilometern, die Informationen liefern sollen, um im äußersten Fall einen russischen atomaren Gegenschlag einleiten zu können.
Grund genug für einen Atomangriff?
Nun müsse man abwarten, ob Russland den Angriff auf Armawir als Angriff auf seine nukleare Abschreckungskapazität wertet, schreibt Oberst Reisner. Das russische Frühwarnerkennungssystem ist Teil der nuklearen Abschreckungsstrategie des Landes. Der Angriff auf Armavir könnte die Bedingungen erfüllen, die Russland im Jahr 2020 öffentlich für gegnerische Angriffe festgelegt hat, die einen nuklearen Vergeltungsschlag auslösen könnten.
Der Angriff erfolgte allen Darstellungen nach mit einer ukrainischen Drohne. Er fällt in eine Zeit, in der Ukraine mit ihren westlichen Partnern darüber verhandelt, deren Waffen auch gegen Ziele in Russland einsetzen zu dürfen. Es sei in Zeiten internationaler Spannungen keine gute Idee, solche Objekte anzugreifen, schrieb der unabhängige norwegische Militärexperte Thord Are Iversen auf X. "Es gibt haufenweise Ziele in Russland, die man mit Drohnen angreifen kann. Und es gibt eine Handvoll Ziele, die man vermeidet, und dies gehört dazu."
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