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AutorenbildWolfgang Lieberknecht

Europäische Migrantengesellschaft in Australien, will rechtmäßige Bewohner nicht einmal anhören

Historisches Referendum in Australien zu Indigenen endet mit "Nein" Ziel der Reform war ein in der Verfassung verankertes Recht der indigenen Australier, bei Gesetzen angehört zu werden, die sie betreffen. Mit der Ankunft der Europäer ab 1788 sank ihre Zahl von geschätzten 300.000 bis 1.000.000 Einwohnern auf 60.000 im Jahr 1920,[5] hauptsächlich wegen eingeschleppter Krankheiten, aber auch durch gewaltsame Konflikte mit den Siedlern um Landrechte. Im Vergleich zu der Gesamtbevölkerung Australiens gehören die Ureinwohner – und hier insbesondere jene, die in den ländlichen Gebieten leben – zum ärmsten Teil der australischen Gesellschaft; ihre Arbeitslosenquote ist mit 20 % fast dreimal so hoch wie die der Durchschnittsbevölkerung, sie haben eine geringere Bildung, ihre Lebenserwartung liegt im Durchschnitt zehn Jahre unter jener der weißen Bevölkerung,[67] die Kindersterblichkeit ist doppelt so hoch[5] und sie machen bei einem Anteil von weniger als vier Prozent der Bevölkerung 20 % aller Gefängnisinsassen aus.[68] Erklärt werden diese Unterschiede mit dem Verlust funktionierender sozialer Strukturen durch die Assimilationspolitik sowie dem generellen Mangel an Arbeit und Krankenversorgung in den ländlichen Gebieten.






Aborigines (englisch [ˌæbəˈɹɪdʒɪniːz], „Ureinwohner“) ist eine verbreitete Sammelbezeichnung für die indigenen VölkerAustraliens. Ihre Vorfahren besiedelten vor etwa 40.000 bis 60.000 Jahren den Kontinent vom Norden ausgehend.[1] Aborigines sind kein einheitliches Volk, sondern bestehen aus vielen Völkern, Stämmen oder Clans mit oft höchst unterschiedlichen Gebräuchen und Sprachen: Je nach Definition und Quelle gab es vor der Ankunft der Briten etwa 200 bis 700 verschiedene Stämme der Aborigines,[2][3][4] die vorwiegend als Jäger und Sammler lebten. Mit der Ankunft der Europäer ab 1788 sank ihre Zahl von geschätzten 300.000 bis 1.000.000 Einwohnern auf 60.000 im Jahr 1920,[5] hauptsächlich wegen eingeschleppter Krankheiten, aber auch durch gewaltsame Konflikte mit den Siedlern um Landrechte. Etwa drei Viertel der heute rund 464.000 Aborigines[6] leben in Städten und haben sich weitgehend der modernen Lebensweise angepasst,[7] da die Behörden in Australien jahrzehntelang eine, oft gewaltsame, Assimilationspolitik betrieben. Am ehesten sind die Traditionen der Aborigines im Northern Territory erhalten geblieben, wo die Europäer erst spät siedelten. Dort leben sie in den meisten Orten unter sich, weswegen hier auch noch fast 60 % der Aborigines zu Hause eine indigene Sprache (Australische Sprachen) sprechen.[6]


Die britische Kolonisation Australiens begann 1788 mit der Ankunft der First Fleet in der Botany Bay. Die ersten Kontakte zwischen den Mitgliedern der ersten Flotte unter Arthur Phillip und den Aborigines sollen zunächst vorwiegend friedlich gewesen sein, da Phillip anwies, die Aborigines gut zu behandeln. Man betrieb Handel mit Lebensmitteln, weil die Kolonisten sich noch nicht selbst versorgen konnten. Bennelong, ein Mitglied der Eora, war ein Vermittler zwischen den beiden Kulturen, der Englisch lernte und seine Sprache lehrte und so zu einer Verständigung beitrug.[37]

Die letzte Gruppe von Tasmaniern, etwa 1860. Truganini sitzt rechts.

Nach Schätzungen des Australian Bureau of Statistics sank die Bevölkerung der Aborigines von den ursprünglich 300.000 bis 1 Million bis 1920 auf 60.000.[5] Große Teile der Aborigines starben an eingeschleppten Krankheiten wie Influenza oder bei der Pockenepidemie von 1789, bei der unter anderem mehr als 50 % der Darug starben. Sterilität von Frauen nahm wegen Geschlechtskrankheiten zu, die sie sich vor allem durch Prostitution und Sexsklaverei zuzogen.[38] Nach Schätzungen von Henry Reynolds[39] starben bei gewaltsamen Auseinandersetzungen 3000 Siedler und 20.000 Aborigines. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert kam es zu vielen, zum Teil tödlichen Auseinandersetzungen und einer Welle von Massakern an Aborigines, wie zum Beispiel dem Myall-Creek-Massaker oder dem Cape-Grim-Massaker, an denen in einigen Fällen auch das Native-Police-Corps teilnahm, eine Polizeitruppe, die hauptsächlich aus Aborigines bestand. Auslöser von Konflikten war zumeist der Zugang zu Nahrungsquellen. Da Schafe und Rinder der Siedler Wasserlöcher und Grasland zerstörten, verloren Aborigines ihre Lebensgrundlage und begannen stattdessen, das Vieh der Siedler zu jagen, um sich zu ernähren. Hinzu kam, dass Aborigines etwas wie Landbesitz nicht kannten; sie verstehen sich vielmehr als Bewahrer des Landes, das sie pflegen und hüten, dem sie aber auch entnehmen können, was sie brauchen, solange es dadurch nicht gefährdet wird.

In einem Versuch, die Konflikte zu entschärfen, wurden den Völkern der Aborigines in der Mitte des 19. Jahrhunderts von einem Komitee der britischen Regierung Protektorate zugewiesen. Dort sollten sie sich nach dem Vorbild der Kolonialisten Siedlungen errichten und Landwirtschaft betreiben. In Tasmanien wurden bereits in den 1830er Jahren im Black War mit der Black Line die Tasmanier zusammengetrieben und nach Flinders Island deportiert. Der Begriff Black Line geht darauf zurück, dass die Soldaten schwarz gekleidet waren und in einer Linie im Abstand von einigen Metern zum Nebenmann die Einheimischen vor sich hergetrieben haben. Zuletzt wurde in der Western Desert in den 1950ern und 1960ern durchgesetzt, dass Aborigines ihre traditionelle Lebensweise als nomadische Jäger und Sammler aufgeben und auf dem Gebiet von Maralinga Tjarutja Atomwaffentests durchgeführt werden sollten. Eine kleine Gruppe aus dem Volk der Pintupi, genannt die Pintupi Nine, lebte noch bis 1984 als Vollnomaden in traditioneller Lebensweise.[40]

Chief Protectors wie George Augustus Robinson oder die Aboriginal Protection Boards erhielten später aufgrund von Gesetzen wie dem Aboriginal Protection Act 1869 in Victoria weitgehende Rechte; zum Beispiel Kontrolle über die Aborigines hinsichtlich ihres Wohnortes, ihrer Arbeit, ihrer Heiraten, ihres sozialen Lebens und weiterer Aspekte sowie das Recht, über den Verbleib der Kinder zu entscheiden.[41]

Ende des 19. Jahrhunderts errichteten christliche Kirchen auf den Gebieten der Aborigines Missionen, zum Beispiel Hermannsburg und begannen, nicht nur die christliche Lehre zu verbreiten, sondern auch medizinische Hilfe und Schulen anzubieten.[42]

Mit Beginn des 20. Jahrhunderts und bis in die 1970er Jahre wurden Kinder von Aborigines aus ihren Familien in den Reservaten systematisch zwangsweise entfernt und zur Adoption in weiße Familien oder in Missionen gegeben. Die Jungen wurden zu Farmhelfern ausgebildet, die Mädchen zu Haushaltshilfen. War das arbeitsfähige Alter erreicht, wurden sie an die umliegenden Farmen weitergeleitet. Diese Unmenschlichkeit ging mit dem Begriff Gestohlene Generationen (engl. stolen generation) in die australische und die Menschheitsgeschichte ein. Das hauptsächliche Ziel war es, insbesondere Aborigines mit teilweise weißen Vorfahren zu assimilieren und Teil der weißen Gesellschaft werden zu lassen. Es gab die Überzeugung, dass dadurch nach vier Generationen kein aboriginaler Genanteil mehr vorhanden ist. Betroffen waren je nach Region und Zeitraum etwa 1/10 bis 1/3 aller Kinder.[41] Der Bericht Bringing them Home der Australian Human Rights Commission von 1997 setzte sich mit dem Thema der Gestohlenen Generationen auseinander und führte dazu, dass der National Sorry Day eingerichtet wurde.




Politische Bewegungen der Aborigines

David Unaipon: Schriftsteller, Erfinder und Aktivist für die Rechte der Aborigines; heute auf dem 50-Dollar-Schein zu sehen

Menschenrechte

Im Prinzip erhielten Aborigines das Wahlrecht als britische Staatsbürger zusammen mit den weißen Siedlern, als die australischen Kolonien in den 1850er Jahren ihre Selbstbestimmung erlangten. In der Folge führten Queensland 1885, Western Australia 1893 und auch die Northern Territory 1922 Gesetze ein, die die Aborigines ausdrücklich vom Wahlrecht ausschlossen.[43] Dagegen wurde in South Australia das seit 1856 bestehende Wahlrecht für Briten 1895 mit der Einführung des Frauenwahlrechtes auf weibliche Aborigines ausgeweitet.[43] Queensland war 1965 der letzte Staat, der Aborigines das Wahlrecht zugestand. Das häufig zitierte Referendum aus dem Jahr 1967 hat dagegen nichts mit dem Wahlrecht zu tun, sondern bestätigte, dass die Aborigines in der australischen Verfassung mit anderen Volksgruppen rechtlich gleichgestellt und in den Zensus aufgenommen werden sollten.[43]

Obwohl Aborigines am Australia Day 1949 wie alle anderen bis dahin britischen Bürger die australische Staatsbürgerschaft erhielten, gab es allerdings je nach Staat oder Territory weiterhin Gesetze, die Aborigines in ihren Bürgerrechten einschränkten:[44] Es gab Gesetze, die Ehen zwischen Weißen und Aborigines verboten; als Mündel des Staates war ihnen Alkohol verboten; es konnte weiterhin bestimmt werden, wo sie oder ihre Kinder lebten. Immer noch erhielten Aborigines keine Zuwendungen aus der staatlichen Alters- und Invalidenpension;[45] erst 1964 erhielten sie das Recht, Immobilien zu besitzen.[46] Ausnahmen gab es für die Veteranen des Zweiten Weltkrieges und ausnahmsweise wurden Aborigines wie dem Maler Albert Namatjira die vollen Bürgerrechte verliehen, wenn sie nachweisen konnten, dass sie eine „weiße“ Lebensweise führten.

Sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg hatten Aborigines als Soldaten teilgenommen, was sowohl die Einstellung der Aborigines zu der bestehenden Diskriminierung als auch die der Weißen veränderte. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg hatte sich die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) mit Konventionen gegen Zwangsarbeit im Jahr 1930 und Arbeit durch Aborigines im Jahr 1936 befasst; Familien zu beschäftigen wurde geächtet. Ferner wurden diese Regelungen 1957 um die Rechte indigener Gruppen erweitert; Minderheiten wurden berechtigt, traditionelles Recht anzuwenden. In den folgenden 1950er Jahren entstand ein weltpolitisches Klima, das die breite Öffentlichkeit sensibilisierte: Australien verstieß gegen diese Konventionen und das nutzten Aborigines, um ihre Anliegen der Welt bekannt zu machen und Einfluss auf die Politik zu nehmen und sie zu verändern.[47] Mit dem Racial Discrimination Act von 1975 soll der Diskriminierung aufgrund der Abstammung Einhalt geboten werden und alle diskriminierenden Gesetze, die in den Staaten oder Territorien noch existierten, wurden außer Kraft gesetzt.

Politik und soziale Rechte

Protest von 1938: Day of Mourning

Nach dem Ersten Weltkrieg entstand im Jahr 1925 die Australian Aboriginal Progressive Association (AAPA), die erste politische Organisation, die soziale und politische Interessen der Aborigines formulierte, die gegen die Verschleppung von Aboriginekindern von ihren Familien sowie für freien Zugang zum Schulwesen, für Landrechte am traditionellen Siedlungsgebiet und gegen die Einflussnahme auf die Lebensverhältnisse durch die weiße Administration eintrat.[48] Die AAPA löste sich wegen der systematischen Verfolgung durch die Polizei und durch den Aboriginal Protection Board im Jahr 1927 auf.[49] In den 1930er Jahren führten Aborigines erste Streiks für bessere Verpflegung und Behandlung in von Europäern geführten christlichen Missionen, wie im Cummeragunja Walk-off von 1939, durch.[50] Die erste monatliche Zeitschrift, die ein Aborigine, Jack Patten, für Aborigines herausbrachte, war die Abo Call.

Erste Forderungen nach vollen Bürgerrechten und nach Landrechten kamen auf. Es bildeten sich zwei politische Organisationen, die Australian Aborigines League und die Aborigines Progressive Association, die diese Forderungen formulierten. Diese Entwicklung zeigte Erfolge, denn es gelang ihnen, den Day of Mourning als Protesttag durchzusetzen und eine Kontrollorganisation über das Leben der Aborigines, das Aboriginal Protection Board, im Jahr 1940 aufzulösen. Der Weltkrieg beendete die sich entwickelnde politische Opposition.

1946 begannen Aborigines wieder gegen ihre Lebensbedingungen aufzubegehren: Im Mittelpunkt stand zunächst ihre Bezahlung als Viehtreiber; mit Streiks, wie dem Aboriginal Stockmen’s Strike/Pilbara Strike, der von 600 Viehtreibern bis 1949 durchgeführt wurde, versuchten sie durchzusetzen, dass sie nicht nur mit Naturalien oder sehr geringen Löhnen entlohnt wurden.

Im 19. und 20. Jahrhundert wurden vom Staat Teile des Gehaltes von Aborigines einbehalten, was heutzutage als Stolen Wages diskutiert wird und entsprechende Forderungen nach Auszahlung nach sich zieht.[51]

Die Aborigines engagierten sich in den 1970er Jahren auch international gegen Rassismus. Im Jahr 1971 gab es massive Protest gegen die Apartheidpolitik um das Rugbynationalteam Südafrikas, genannt Springboks, das sich auf einer sechswöchigen Tour durch Australien befand. Die australische Regierung sah sich aufgrund der Proteste gezwungen, in Brisbane den Notstand auszurufen. Bekannt wurden Gary Foley und ein weiterer Aktivist, die aufgrund des Protests von der Polizei arrestiert wurden. Diese Auseinandersetzung hatte für den Sport Südafrikas Folgen, denn dadurch wurde die rassistische Politik Südafrikas weltweit angeprangert und rassistische Sportmannschaften international ausgeschlossen.[52][53]

1972 wurde in Canberra, der Hauptstadt Australiens, die sogenannte Zelt-Botschaft errichtet, in der die Forderung nach einer Souveränität der Aborigines als eine eigenständige Nation zum Ausdruck gebracht wurde. Der letzte lebende Gründer der Zelt-Botschaft, Miachel Ghillar Anderson, ist derzeit der bedeutendste Vertreter dieser politischen Forderung.

In den 1970er Jahren entwickelte sich eine politische Bewegung der Aborigines, das Outstation Movement, die die Rücksiedlung in ihre angestammten Gebiete unter Berücksichtigung ihrer kulturellen und sozialen Interessen verfolgt. Gegründet wurden Siedlungen vor allem in abgelegenen Gebieten im Northern Territory, in Western Australia und Australien. Im Northern Territory leben etwa 30 Prozent der dortigen Aborigines in etwa 500 weit über das Land verstreuten Homelands.[54] Der derzeit (2015) regierende Premierminister von Western Australia Colin Barnett plant etwa die Hälfte der 241 Out-Station-Siedlungen zu schließen. Unterstützt wird er dabei vom australischen Premierminister Tony Abbott, beide sind Mitglieder der Liberal Party of Australia.[55]

Am 13. Februar 2013 verabschiedete das australische Unterhaus The Aboriginal and Torres Strait Islander Peoples Recognition Bill, ein Gesetz, das die Aborigines als erste Bewohner Australiens anerkennt. Dieses Gesetz – die Verabschiedung im Oberhaus galt als sicher – hätte allerdings um Verfassungsrang zu erhalten, durch ein Referendum bestätigt werden müssen. Ein diesbezügliches Referendum ist von der australischen Premierministerin Julia Gillard angekündigt worden,[56] wurde jedoch nicht durchgeführt. Daher wurde die Gesetzesinitiative nach fünf Jahren am 28. März 2018 für „Self Ceasing“ („selbst erloschen“) erklärt.[57]

Landrechte

Landeigentum der Aborigines 2022

  • Land Rights Act-Gebiete

Lokale GemeinschaftenBesitz- und Nutzungsrechte der Aborigines 2022

  •  Exklusive Rechte

  • Nicht-exklusive Rechte

Ab den 1960er Jahren rückte zunehmend die Frage nach Landrechten in den Mittelpunkt des politischen Interesses. Australien war von Captain James Cook 1770 als nahezu unbewohnt beschrieben und später – trotz der Anwesenheit der Aborigines – zur Terra Nullius erklärt worden.

Eine Aktion, die auch internationale Aufmerksamkeit erregte, war die Yolngu Bark Petition, bei der 1963 Yolngu eine auf Baumrinde geschriebene Petition gegen die Errichtung einer Bauxit-Mine auf ihrem traditionellen Land einreichten. Die 1972 auf dem Rasen vor dem Old Parliament House in Canberra aufgestellte Zelt-Botschaft sollte neben der Forderung nach der Anerkennung einer eigenständigen Aborigines-Nation auch ihren Anspruch auf Land unterstreichen. Mit Neville Bonner zog 1971 der erste Aborigine in das australische Parlament ein.

1966 bestreikten 200 Viehtreiber der Gurindji die Wave Hill Cattle Station für gleichen Lohn mit den weißen Arbeitern, da sie bis dahin nur einen geringen Lohn oder Naturalien erhalten hatten. Der neun Jahre andauernde Streik um Arbeitsrechte wurde bald zu einer bundesstaatlichen Angelegenheit, als die Gurindji die Rückgabe ihres Landes forderten und dieses im Jahr 1975 durch den Premierminister Gough Whitlam auch zu großen Teilen stellvertretend an Vincent Lingiari zurückgegeben wurde.[58]

Mit dem Aboriginal Land Rights (Northern Territory) Act 1976 wurde erstmals die Möglichkeit, Landrechte zu beanspruchen, eingeräumt und große Gebiete wurden wieder zum Eigentum von Aborigine-Gruppen – zuerst im Northern Territory und später auch in anderen Bundesstaaten und Territorien, vor allem in Western Australia und Queensland. Etwa 17 % der australischen Landfläche gehört 2022 wieder den Aborigines. Diese Gebiete liegen zu über 99 % im Outback und machen rund 24 % von dessen Fläche aus.[59] Zum größten Teil handelt es sich um Wüsten.

1993 erkämpften Organisationen wie Native People of Australia unter Führung von Eddie Mabo mit dem Urteil Mabo v. Queensland (No. 2) zusätzlich auf Bundesebene den sogenannten Native Title, der Besitz- und Nutzungsrechte auf Kronland (Land im Staatsbesitz) ermöglicht, das historisch einem gewissen Stamm zuzuordnen ist. Teilweise sind allerdings die Bergbau- und die Wasserrechte, außer für den eigenen Gebrauch, ausgeschlossen. Native Titles wurden anschließend in noch weitaus größerem Umfang geltend gemacht, sodass sie im Jahr 2022 zusammen 53 % der Landfläche Australiens ausmachen.[60]

Landrechtsbewegungen verbinden sich auch mit ökologischen Forderungen. Eines der ersten Aborigines-Völker, die ihr Land nach dem Aboriginal Land Rights (Northern Territory) Act 1976 zurückerhielten, jedoch nicht die Bergbaurechte, waren die Mirarr. Als 1960 Uran entdeckt wurde, wehrten sich die Mirarr erfolgreich gegen den Abbau in der Jabiluka-Mine,[61] im australischen Kakadu-Nationalpark im Northern Territory.[62] Die Mirarr leisten seit 1971 Widerstand und im Jahr 1998 besetzten für acht Monate etwa 5000 Aborigines und Umweltaktivisten aus der gesamten Welt dieses Gebiet; 550 von ihnen wurden festgenommen.[63] Im Jahr 2002 wurde der Abbau wegen des fallenden Uranpreises eingestellt.

Im globalen Vergleich dürfen die enorm großen Gebiete, die Australien den Indigenen „zurückgegeben“ hat, nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Native Titles sehr uneinheitlich sind und jederzeit einseitig und möglicherweise ohne Entschädigung per Gesetz aufgekündigt werden könnten. Von der von den Vereinten Nationen geforderten Territorialautonomie für indigene Völker ist Australien wesentlich weiter entfernt als etwa Kanada (z. B. Nunavut) oder Dänemark (Grönland).[64]

Lebenssituation heute

GebietAborigines[6]BevölkerungsanteilNew South Wales140.0002,1 %Queensland113.0002,7 %Western Australia75.0003,8 %Northern Territory64.00031,5 %South Australia24.0002,4 %Victoria28.0000,6 %Tasmanien15.0003,1 %ACT4.0001,2 %

Während 1920 die Zahl der Aborigines auf nur noch 60.000 geschätzt wurde, stieg sie beim Zensus von 1991 auf 265.000[65] und bis 2006 auf 464.000.[6] Neben einer erweiterten Definition, wer Aborigine ist, wird es auch dem gestiegenen Selbstbewusstsein zugeschrieben, sich selbst als Aborigine zu bezeichnen.[6] Die gestiegene Anerkennung der Aborigines spiegelt sich auch in symbolischen Gesten wider, wie der Darstellung von David Unaipon auf der australischen 50-Dollar-Note seit 1995, Gwoya Jungarai auf der 2-Dollar-Münze seit 1987, Len Waters, eines Aborigine-Piloten im Zweiten Weltkrieg, seit 1995 und Cathy Freeman, der ersten zu ihren Lebzeiten auf einer Briefmarke abgebildeten Aborigine-Persönlichkeit, seit 2000. Letzteres ist bemerkenswert, denn es war bis ins Jahr 1997 nicht erlaubt, lebende Personen auf Briefmarken in Australien abzubilden, außer Persönlichkeiten der Monarchie.[66]

Viele Probleme sind aber immer noch ungelöst: Im Vergleich zu der Gesamtbevölkerung Australiens gehören die Ureinwohner – und hier insbesondere jene, die in den ländlichen Gebieten leben – zum ärmsten Teil der australischen Gesellschaft; ihre Arbeitslosenquote ist mit 20 % fast dreimal so hoch wie die der Durchschnittsbevölkerung, sie haben eine geringere Bildung, ihre Lebenserwartung liegt im Durchschnitt zehn Jahre unter jener der weißen Bevölkerung,[67] die Kindersterblichkeit ist doppelt so hoch[5] und sie machen bei einem Anteil von weniger als vier Prozent der Bevölkerung 20 % aller Gefängnisinsassen aus.[68] Erklärt werden diese Unterschiede mit dem Verlust funktionierender sozialer Strukturen durch die Assimilationspolitik sowie dem generellen Mangel an Arbeit und Krankenversorgung in den ländlichen Gebieten.

Im Juni 2007 verkündete die australische Regierung die Northern Territory National Emergency Response, in den Medien diskutiert unter dem Begriff „Intervention“:[69] Anlass war der Bericht Little Children are Sacred des Northern Territorys, der die Verbreitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern dokumentierte.[70] Verschiedene Maßnahmen wurden eingeleitet, die das Ziel haben, Kindern ein sicheres Umfeld zu schaffen. Darunter gehören unter anderem das Verbot von Alkohol und Pornografie in den Gemeinschaften der Aborigines, aber vor allem umfangreiche medizinische Reihenuntersuchungen von Kindern, mehr Polizei und mehr Lehrer. Logistisch wird die Intervention vom Militär unterstützt. Die Gemeinschaften haben dabei ihre Selbstverwaltung verloren. Befürworter der Intervention begrüßen, dass die Regierung etwas gegen die Situation in den Gemeinschaften der Aborigines unternimmt. Kritische Stimmen beklagen jedoch vor allem, dass die Intervention rassistisch sei, da ein Teil der Sozialhilfe bei allen Aborigines dieses Gebietes staatlich kontrolliert wird, also auch bei jenen, die sozial nicht auffällig geworden sind. Außerdem wird kritisiert, dass die Intervention ohne Rücksprache mit den Betroffenen erfolgte oder dass sie paternalistisch sei und die bestehende Kultur der Aborigines vollends zerstöre.[71] In Bezug auf Alkohol wird darauf hingewiesen, dass der Anteil der Aborigines mit riskant hohem Alkoholkonsum mit elf Prozent sich statistisch nicht signifikant von dem der nichtindigenen Bevölkerung unterscheidet.[72] Stattdessen ist der Alkoholabbau bei besonders vielen Aborigines wegen eines fehlenden Enzyms verlangsamt und bereits geringe Mengen Alkohol führen bei Aborigines zu einem auffälligen Verhalten.[73]

Die theoretische Gleichberechtigung der Aborigines und eine latent rassistische Praxis klaffen noch immer weit auseinander, wie im Mai 2018 ein Bericht zeigt, den das „Australian Institute of Health and Welfare“ veröffentlicht hat.[74][75] Nach diesem Report nimmt die Gesamtzahl von Minderjährigen, die strafrechtlich angeklagt werden, deutlich ab, während die Zahl von angeklagten, inhaftierten und unter Aufsicht gestellten jugendlichen Aborigines zunimmt. Indigene Jugendliche waren 2012/2013 fünfzehn Mal häufiger unter gerichtlicher Aufsicht als ihre weißen Altersgenossen, dieser Parameter ist in den letzten fünf Jahren auf 18 gestiegen. Im Jahr 2017 wurden täglich durchschnittlich 5359 Jugendliche im Alter zwischen 10 und 17 Jahren unter Aufsicht gestellt, die Hälfte davon aus den „Aboriginal and Torres Strait Islander“-Gemeinschaften, obwohl deren Kinder nur 5 Prozent der gesamtaustralischen Altersgruppe ausmachen. Der Report analysiert nicht die vielfachen Gründe (zum Beispiel den häufigen sexuellen Missbrauch Minderjähriger in Aborigines-Gemeinschaften) für die vergleichsweise hohe Kriminalität.

Aktion bei der Documenta in Kassel


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