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Ekkehart Drost spricht über Palästinas vergessene Kinder: Die Besatzung muss sofort beendet werden


Drost: "Ein Verbrechen an der Menschlichkeit"

Israels Wirtschaft ist auf palästinensische Arbeiter angewiesen. Trotzdem werden sie von der israelischen Regierung schikaniert. Ekkehart Drost berichtet im DW-Gespräch von seinen Erfahrungen.

Deutsche Welle: Herr Drost, Sie waren von Februar bis Mai 2013 für Pax Christi in Israel. Was haben Sie dort gesehen?

Ekkehart Drost: Ich stand zweimal pro Woche mit anderen Freiwilligen an einem Checkpoint in Qalkilia im Nordwesten des Westjordanlands und habe die Zahl der palästinensischen Arbeiter gezählt, die mit einer Genehmigung nach Israel gingen.

Wie viele Palästinenser haben eine Arbeitserlaubnis in Israel?

Man spricht von offiziell 47.000 palästinensischen Arbeitern im Kernland Israel.

In welchen Branchen sucht Israel palästinensische Arbeitskräfte?

Vor allem in der Bauindustrie und in der Landwirtschaft. Viele Arbeiter haben natürlich entsprechend aussehende Hände. Beim Durchgang durch das Checkpoint-Terminal werden auch die Fingerabdrücke genommen. Wir haben erlebt, dass Arbeiter wieder zurückgeschickt worden sind, weil ihr Fingerabdruck nicht mehr erkennbar war. Weil die Haut durch diese jahrelange, manchmal jahrzehntelange Tätigkeit auf dem Bau und in der Landwirtschaft abgewetzt war.

Wie viel verdient ein Palästinenser in Israel?

Etwa 120 bis 150 Schekel pro Tag. Das sind rund 30 Euro. Ich habe mit palästinensischen Arbeitern gesprochen, die sagten, sie dürfen keine Verpflegung mit nach Israel nehmen. Sie müssen alles dort kaufen. Da geht schon einmal ein Teil ihres Lohnes für solche Ausgaben drauf. Zum Teil müssen sie von dem Geld auch die Anreise bezahlen. Und manchmal müssen sie, das haben wir jedenfalls gehört, von der monatlichen Gebühr an die Arbeitsvermittlung von 1500 Schekel einen Teil selber bezahlen.

Wie viel verdient im Vergleich dazu ein israelischer Arbeiter?

Ein israelischer Arbeitnehmer verdient ungefähr das Doppelte.

Und was ist mit illegal arbeitenden Palästinensern?

Sie bekommen ein Viertel des Lohns, den ein Israeli bekommt. Die Illegalen, das heißt, diejenigen, die keine Genehmigung bekommen haben, kriechen dann durch Löcher, die in den Zaun geschnitten sind. Auf der anderen Seite wartet dann der israelische Arbeitgeber.

Vor dem Hintergrund der Friedensgespräche, die im Moment stattfinden: Was sind Ihre Forderungen angesichts der Situation der palästinensischen Arbeiter?

Ich kann mich da allen Friedensfreunden und langjährigen Friedenskämpfern nur anschließen: Die Besatzung der Palästinensergebiete durch Israel muss beendet werden. Das ist das A und O. Alles andere, was mit den Siedlungen passiert, und ob es eine Ein- oder Zweistaatenregelung geben wird, das steht noch in den Sternen. Aber als erstes muss die Besatzung beendet werden. Es ist ein Verbrechen an der Menschlichkeit, was man da sieht.

Ekkehart Drost arbeitete sechs Monate in der Stadt Jayyous im Westjordanland für Pax Christi, eine katholische Organisation, die sich weltweit für Frieden einsetzt und die Palästinapolitik Israels scharf kritisiert. Die Organisation engagiert sich auch in der Free-Gaza-Bewegung. Drost ist pensionierter Lehrer und lebt heute in Göttingen.

https://www.dw.com/de/drost-ein-verbrechen-an-der-menschlichkeit/a-16990265




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