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AutorenbildWolfgang Lieberknecht

Durchquerung der Taiwanstraße durch zwei deutsche Kriegsschiffe steht laut Bericht kurz bevor. Massive Militarisierung: US-Soldaten sind bereits in der Taiwanstraße stationiert.

Deutsche Marine an Überwachung der UN-Sanktionen gegen Nordkorea beteiligt – ohne Bundestagsmandat.


„Wie durch den Ärmelkanal“ (II)


09 Sep 2024

BERLIN/BEIJING (Eigener Bericht) – Zwei deutsche Kriegsschiffe werden Berichten zufolge in Kürze die Taiwanstraße durchqueren und damit den Konflikt mit China noch ein weiteres Stück verschärfen. Wie die Wochenzeitung Der Spiegel berichtet, werden die Fregatte Baden-Württemberg und der Einsatzgruppenversorger Frankfurt am Main, die zur Zeit auf Asien-Pazifik-Fahrt sind, auf ihrer Fahrt vom südkoreanischen Incheon in die philippinische Hauptstadt Manila nicht die Route östlich Taiwans nehmen, sondern – aus rein politischen Motiven – zwischen der chinesischen Insel Taiwan und dem chinesischen Festland hindurchfahren. Dies geschieht zu einer Zeit, zu der die USA und ihre Verbündeten die erste Inselkette vor der chinesischen Küste, zu der Taiwan zählt und von der aus man die Volksrepublik ohne weiteres angreifen kann, systematisch hochrüsten. Dies betrifft in Taiwans Süden die Philippinen, in Taiwans Osten Japans südwestlichste Inseln, auf denen sich mittlerweile Protest gegen die zunehmende US-Militärpräsenz regt. In Beijing heißt es, der militärische Ausbau einer von Manila kontrollierten Insel im Südchinesischen Meer ermögliche es, dort künftig US-Militärflugzeuge und -Kriegsschiffe zu empfangen.


Durchfahrt geplant

Die Forderung, die Fregatte Baden-Württemberg und der Einsatzgruppenversorger Frankfurt am Main müssten auf jeden Fall die Taiwanstraße durchqueren, wird schon seit geraumer Zeit mit wachsendem Nachdruck gestellt. Am vergangenen Mittwoch etwa sprach sich Christoph Heusgen, Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, für die Durchfahrt durch die Meerenge aus.[1] Am Wochenende schlossen sich der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marcus Faber (FDP), und der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), an; Roth erklärte, es sei ein „Fehler“ gewesen, dass die Fregatte Bayern auf der ersten Asien-Pazifik-Fahrt der Deutschen Marine (August 2021 bis Februar 2022) den Seeweg nicht passiert habe.[2] Mehrfach ist berichtet worden, sowohl das Verteidigungs- wie auch das Außenministerium in Berlin machten Druck, die Durchfahrt diesmal durchzuführen; lediglich das Bundeskanzleramt bremse noch. Dies scheint sich nun geändert zu haben. Laut einem Bericht der Wochenzeitschrift Der Spiegel ist die Entscheidung gefallen: Die beiden deutschen Kriegsschiffe werden demnach bereits in Kürze die Route zwischen dem chinesischen Festland und der chinesischen Insel Taiwan befahren.[3]


Proteste gegen US-Zerstörer

Dies geschieht vor dem Hintergrund massiver Aufrüstungsmaßnahmen, die die USA und mit ihnen verbündete Staaten auf der sogenannten ersten Inselkette durchführen, zu der Taiwan gehört und die sich in weitem Bogen von Japans südlichen Inseln über Taiwan und die Philippinen bis nach Borneo erstreckt. Von ihr aus können die Vereinigten Staaten nicht nur die Ausfahrt chinesischer Schiffe in den Pazifik blockieren, sondern auch die Volksrepublik selbst attackieren – zum Beispiel mit Mittelstreckenwaffen, wie sie die US-Streitkräfte unlängst zu einem Manöver auf die Philippinen transportiert hatten.[4] Die USA bauen nicht nur Militärstützpunkte im Südwesten und vor allem im Norden der Philippinen unweit Taiwan aus. Sie beziehen inzwischen in ihre gemeinsamen Manöver mit den philippinischen Streitkräften die Batanes-Inseln ein, die bis auf 150 Kilometer an Taiwan heranreichen (german-foreign-policy.com berichtete [5]). Auch von Nordosten her nähern sich die USA militärisch immer deutlicher Taiwan an. Im März legte erstmals ein US-Zerstörer auf Japans Insel Ishigaki an, der drittletzten der südwestjapanischen Inseln vor Taiwan. Auf Yonaguni, der letzten dieser Inseln kaum 100 Kilometer östlich Taiwans, sind inzwischen US-Soldaten präsent.[6] Unmut wird auf all diesen Inseln laut; auf Ishigaki wurde der US-Zerstörer mit Protesten sowie mit einem Hafenstreik empfangen.[7]


Zwei Kilometer vor Chinas Küste

Sogar in der Taiwanstraße selbst sind US-Soldaten inzwischen präsent. Abgesehen davon, dass die Vereinigten Staaten Taiwan immer umfangreicher aufrüsten – zuletzt genehmigte die Biden-Administration den Export von Kriegsgerät im Wert von 360 Millionen Euro, darunter bewaffnete Drohnen und Ausrüstung für Raketen [8] –, bilden sie längst auch taiwanische Militärs aus. Im Jahr 2021 räumte die damalige taiwanische Präsidentin Tsai Ing-wen dies erstmals offiziell ein. Anfang 2023 wurde berichtet, die US-Regierung wolle die Zahl der auf die Insel entsandten Militärs von etwas mehr als zwei Dutzend auf zwischen 100 und 200 erhöhen. Dies ist inzwischen offenkundig geschehen. Im März berichtete United Daily News (UDN) aus Taiwan, Angehörige der US-Spezialeinheit Green Berets seien jetzt dauerhaft auf Taiwan stationiert – und zwar auf Militärbasen der taiwanischen Spezialeinheit 101st Amphibious Reconnaissance Battalion; diese wiederum betreibt Stützpunkte auf den Penghu-Inseln und auf Kinmen. Die Penghu-Inseln liegen in der Taiwanstraße rund 50 Kilometer westlich Taiwans; die Insel Kinmen liegt in der Taiwanstraße kaum zwei Kilometer vor der chinesischen Küstenstadt Xiamen. Sowohl auf Penghu als auch auf Kinmen trainieren – dies ließ sich UDN von taiwanischen Stellen explizit bestätigen – US-Spezialkräfte taiwanische Sondereinheiten.[9]


„Völlig normal“

In den vergangenen Wochen und Monaten haben eine ganze Reihe westlicher Kriegsschiffe die Taiwanstraße durchquert – und sind dabei nicht nur in relativer Nähe zu den südwestjapanischen Inseln Ishigaki und Yonaguki gefahren, die gegenwärtig von Japan und den USA gemeinsam militarisiert werden, sondern auch nicht weit von den Penghu-Inseln und von Kinmen. Zuletzt passierte etwa ein US-Zerstörer die Wasserstraße vor zweieinhalb Wochen. Bereits Anfang August hatte dies eine kanadische Fregatte getan. Zuvor waren auch Kriegsschiffe aus Australien, Großbritannien und Frankreich zwischen Taiwan und dem chinesischen Festland entlanggefahren. Alle beteiligten Staaten haben erklärt, sie würden das auch weiterhin tun. Dem schließt sich nun, trifft der Bericht des Spiegels vom Wochenende zu, auch die Deutsche Marine an. Höchstens das Wetter könne die zwei Kriegsschiffe, die sich auf Asien-Pazifik-Fahrt befinden, noch davon abhalten, hieß es kürzlich. Laut Berichten wird die Route in Berlin als „völlig normal“ eingestuft; den zu erwartenden Protesten der Volksrepublik sehe man „gelassen“ entgegen.[10] Bereits kürzlich erklärte der Kommandeur des kleinen Marineverbandes, Flottenadmiral Axel Schulz, die Fahrt sei genauso „normal“ wie eine Fahrt durch den Ärmelkanal.[11]


Militärbasis im Südchinesischen Meer

Unterdessen bauen die Philippinen auf einer von ihr kontrollierten Insel im Südchinesischen Meer militärische Anlagen auf eine Art und Weise aus, die den Verdacht weckt, damit würden Voraussetzungen für die Nutzung der Insel durch die US-Streitkräfte geschaffen. Es handelt sich um Thitu Island, eine der zahlreichen Spratly-Inseln, die im Südchinesischen Meer zwischen Vietnam und den Philippinen liegen. Auf Thitu Island befinden sich schon jetzt eine Reihe militärischer Anlagen, darunter eine Landebahn für Flugzeuge. Ende 2023 hat Manila dort ein neues Kontrollzentrum für seine Küstenwache eröffnet, mit dem sich unter anderem sämtliche Aktivitäten Chinas in der Region überwachen lassen.[12] Nun werden einige Anlagen ausgebaut und weitere neu errichtet; so ist von neuen Marineeinrichtungen die Rede und davon, die Landebahn werde erweitert. Wie die chinesische Global Times vor kurzem berichtete, machen sich chinesische Experten Sorgen, die Erweiterung der Landebahn werde es gestatten, fremde Kampfjets zum Besuch auf Thitu Island einzuladen – darunter solche Japans oder der USA, die dann in Zukunft eine philippinische Militärbasis mitten im Südchinesischen Meer nutzen könnten.[13]

 

[1] Dana Heide: „Wenn es gut für Putin läuft, könnte er nach baltischen Staaten greifen“. handelsblatt.com 04.09.2024.

[2] Durchfahrt von deutscher Fregatte trotz Protest aus Peking geplant. deutschlandfunk.de 08.09.2024.

[3] Deutsche Fregatte soll durch die Straße von Taiwan fahren. spiegel.de 07.09.2024.

[4] Laurie Chen, Mikhail Flores: China’s defence ministry condemns US missile deployment in Philippines. reuters.com 31.05.2024. S. dazu Moskau in Schussweite.

[5] S. dazu Spiel mit dem Feuer.

[6] Japan rüstet Yonaguni auf. tagesschau.de 11.08.2024.

[7] Satsuki Tanahashi, Taro Ono: Protest greets U.S. destroyer anchored at Okinawa port. asahi.com 12.03.2024.

[8] US approves new $360 million arms sale to Taiwan or drones, related equipment. apnews.com 19.06.2024.

[9] Taiwan Confirms US Troops on Front-Line Islands Near China. newsweek.com 19.03.2024.

[10] Deutsche Fregatte soll durch die Straße von Taiwan fahren. spiegel.de 07.09.2024.

[12] Jim Gomez, Aaron Favila, Joeal Calupitan: The Philippines opens a new monitoring base on a remote island in the disputed South China Sea. apnews.com 01.12.2023.

[13] Liu Xuanzun: Experts warn of possible Philippine provocations on China’s Zhongye Dao. globaltimes.cn 22.08.2024.


„Wie durch den Ärmelkanal“

Offizielle Entscheidung über Durchfahrt deutscher Kriegsschiffe durch die Taiwanstraße steht kurz bevor. Deutsche Marine an Überwachung der UN-Sanktionen gegen Nordkorea beteiligt – ohne Bundestagsmandat.


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