Der Frontverlauf im Dritten Weltkrieg wird deutlicher | Von Thomas Röper
Veröffentlicht am: 2. März 2024 | Anzahl Kommentare: 2 Kommentare
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Ein Standpunkt von Thomas Röper.
Derzeit zeigt sich, dass die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten das Potenzial haben, zu einem einzigen großen Konflikt zu werden. Die Fronten in diesem Konflikt zeichnen sich immer deutlicher ab.
Dass ich seit Februar 2022, also seit der Eskalation in der Ukraine und den ersten Sanktionspaketen des Westens, der Meinung bin, dies wäre bereits der Dritte Weltkrieg, ist nicht neu, denn das habe ich oft öffentlich gesagt. Das einzige, was fehlt, ist die direkte Konfrontation zwischen der NATO und Russland, weil keine der beiden Seiten einen Atomkrieg will. Aber der US-geführte Westen kämpft mit allen wirtschaftlichen, diplomatischen, propagandistischen und militärischen Mitteln gegen Russland, außer dem Einsatz eigener Soldaten. Es ist ein Krieg des Westens gegen Russland, der mit einem Ende der Kampfhandlungen in der Ukraine nicht enden wird.
Formell hängen die Konflikte in der Ukraine und in Gaza nicht miteinander zusammen, aber die Frontlinien der internationalen Politik gleichen sich in beiden Konflikten immer mehr an, weshalb sie das Potenzial haben, zu einem großen Konflikt zu verschmelzen, wie es beispielsweise im Zweiten Weltkrieg war, als ab Ende 1941 die Konflikte in Europa und in Asien zu einem großen Weltkrieg verschmolzen sind.
Der kollektive Westen und der globale Süden
In der Ukraine ist die Sache recht klar: Der kollektive Westen kämpft auf dem Gebiet der Ukraine einen Krieg gegen Russland, das mehr oder weniger offiziell von China, Nordkorea und dem Iran unterstützt wird. Der globale Süden würde gerne neutral bleiben, wird aber vom Westen gedrängt, sich für eine Seite zu entscheiden. Und weil Russland und China anderen Ländern keine Vorschriften machen, welche „Werte“ oder politischen und wirtschaftlichen Systeme sie haben sollen, und weil beide Länder im Gegensatz zum Westen keine neokoloniale Politik verfolgen, neigt der globale Süden zu Russland und nicht zum Westen.
Das hat übrigens sogar EU Chefdiplomat Borrell inzwischen verstanden, wie ein von ihm verfasster Artikel <1> in diesen Tagen gezeigt hat. Darin hat Borrell eingestanden, dass die Zeit der westlichen Dominanz vorbei ist und dass der Westen den globalen Süden an Russland verliert, weshalb Borrell wortreich eine Strategie gegen diese Tendenz sucht.
Der Gaza-Krieg hat inzwischen etwa die gleichen Frontlinien. Der US-geführte Westen unterstützt Israel, während viele Länder des globalen Südens Israel einen Völkermord an den Palästinensern vorwerfen. Und die zynische Doppelmoral des Westens in diesem Konflikt treibt den globalen Süden weiter in die Arme Russlands und Chinas.
Russland und Israel
Das Verhältnis zwischen Israel und Russland schien trotz der unterschiedlichen Interessen beispielsweise in Syrien lange gut zu sein. Aber hinter den Kulissen dürfte es schon seit einiger Zeit anders aussehen, denn Israel stört sich an dem guten Verhältnis Russlands zum Iran, während Russland beispielsweise keinerlei Verständnis für die illegalen israelischen Bombardierungen von Russlands Verbündeten Syrien hat. Und nach dem Beginn der russischen Operation in der Ukraine gab es nur noch wenige Meldungen über Kontakte zwischen Russland und Israel.
Mitte Oktober 2023 wurde gemeldet <2>, dass anscheinend offizielle israelische Soldaten in der Ukraine gegen Russland gekämpft haben. Wenn das stimmen sollte, dürfte das Verhältnis zwischen Russland und Israel schon seit einiger Zeit eiskalt sein, auch wenn beide das nicht öffentlich gezeigt oder kommuniziert haben.
Mit dem Beginn des Gaza-Krieges änderte sich das und aus Israel gab es wilde Beschimpfungen und Anfeindungen gegen Russland, weil die russische Regierung das brutale Vorgehen Israels von Anfang an kritisiert <3> und nachdrücklich endlich die Zwei-Staatenlösung gefordert hat. Russland steht der israelischen Palästina-Politik traditionell kritisch gegenüber und an dieser Bruchlinie der politischen Interessen ist der Streit zwischen Israel und Russland im Oktober entbrannt und die russische Regierung kritisiert Israels Vorgehen gegen die Palästinenser immer öfter <4>.
Inzwischen haben Israel und Russland in der UNO wüste Beschimpfungen ausgetauscht. Am 21. Februar hat Russland mitgeteilt <5>, es akzeptiere „Israels Logik zur Rechtfertigung des Gewalt in Gaza nicht“, woraufhin Israel Russland mit der – in seinen Augen terroristischen – Hamas gleichgesetzt hat. Darauf hat Russland Israel mit der – in seinen Augen nazistischen – Ukraine gleichgesetzt und erklärt, dass „Israel und die Ukraine einen Kampf gegen die Menschheit führen“ <6>. Viel schlechter können die Beziehungen zwischen beiden wohl nicht mehr werden.
Die kämpfenden Länder rücken zusammen
Die Tatsache, dass Israel nun angekündigt hat, der Ukraine zum ersten Mal militärisches Gerät zu liefern <7>, zeigt, dass der Bruch zwischen Russland und Israel sehr tief sein muss. Hinzu kommen die gute russische Zusammenarbeit mit Israels Erzfeind, dem Iran, und die Gerüchte, der Iran würde Russland Drohnen und Raketen liefern.
Die Huthis im Jemen haben Israel ihrerseits den Krieg erklärt und beschießen, trotz Angriffen von NATO-Schiffen, im Roten Meer Handelsschiffe, die mit Israel in Verbindung stehen. Und inzwischen beschießen sie auch aktiv Handelsschiffe aller Länder, die den Jemen bombardieren. Sogar teure US-Drohnen haben sie schon abgeschossen <8>.
Da kam es nicht überraschend, dass Russland und Jemen nun gegenseitige Besuche technischer Gruppen vereinbart haben <9>, um die Zusammenarbeit im Bereich der Bodenschätze zu erörtern. Das gab der jemenitische Ministerpräsident und Außenminister Ahmed Awad bin Mubarak auf einer Pressekonferenz nach Gesprächen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow bekannt.
Man sieht, dass die in den Konflikten kämpfenden Länder zusammenrücken. Auch wenn die Konflikte formell nichts miteinander zu tun haben, können sie sich so zu einem großen Konflikt entwickeln.
Die Türkei ist formell zwar in der NATO, aber im Ukraine-Konflikt verhält sie sich neutral. Dafür ist die Türkei einer lautesten Kritiker von Israels Vorgehen in Gaza, die eine Verurteilung der für die Kriegsverbrechen Verantwortlichen in Israel vom Internationalen Strafgerichtshof fordert <10>, was die Türkei nicht eben zu einem Land macht, das auf der Seite des Westens steht, sondern – wenn sie sich für eine Seite entscheiden müsste – wohl auf die Seite Russlands kommen würde.
Der Kampf um Indien
Wenn die USA auch in Taiwan nach dem ukrainischen Muster vorgehen und Taiwan zu Provokationen gegenüber China verleiten, kann der Konflikt auch auf Asien übergreifen. Hinzu kommt die immer angespanntere Lage auf der koreanischen Halbinsel.
Da Indien eine Rivalität mit China und gute Beziehungen zu Taiwan <11> hat, könnte eine Eskalation um Taiwan Indien in die Arme des US-geführten Westens treiben.
Indien versucht, seine Neutralität zu wahren und hat eigentlich hervorragende Beziehungen zu Russland, die bis zur Gründung des indischen Staates nach dem Zweiten Weltkrieg zurückgehen. Indien hat fast ausschließlich auf russische Waffen gesetzt, ist von den USA aber inzwischen dazu überredet worden, sein Arsenal zu diversifizieren. Aber einen Bruch mit Russland will Indien auch nicht.
Trotzdem kann es, wenn die Konflikte eskalieren und sogar noch auf Asien übergreifen, soweit kommen, dass Indien sich für eine Seite entscheiden muss. Und die Frage ist, welche das sein würde.
Man könnte dazu noch viel mehr schreiben, aber ich denke, dass inzwischen klar ist, dass wir wohl noch ganz am Anfang des Dritten Weltkrieges stehen. Die Konfrontationen werden weiter wachsen und der Welt stehen im besten Fall nur unruhige Zeiten bevor.
Quellen
<3> https://www.anti-spiegel.ru/2023/putin-ueber-den-krieg-in-israel-und-andere-internationale-themen/
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Dieser Beitrag erschien zuerst am 28. Februar 2024 bei anti-spiegel.ru
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Bildquelle: Drop of Light / shutterstock
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