Mit seinem Buch «Israel eine Utopie?» erregte der israelische Philosoph Omri Boehm vergangenes Jahr Aufsehen in den Feuilletons. Seine These: Das jüdische Volk habe ein Recht auf Selbstbestimmung aber keines auf die Souveränität, die Minderheiten oder andere Völker zu unterdrücken. Er wendet sich dezidiert gegen die Zwei-Staaten-Lösung. Sein Vorschlag einer gemeinsamen jüdisch-palästinensischen Föderation mag vielleicht utopisch sein. Doch gibt es eine Alternative?
Eine Lesung und ein Gespräch. Das Gespräch wird in Englisch geführt.
Omri Boehm, Philosoph und Autor im Gespräch mit Shelley Berlowitz, (jvjp.ch) und Samir.
Jüdische Stimme für Demokratie und Gerechtigkeit in Israel/Palästina – jvjp.ch Mit seinem Buch «Israel eine Utopie?» erregte der israelische Philosoph Omri Boehm vergangenes Jahr Aufsehen in den Feuilletons. Seine These: Das jüdische Volk habe ein Recht auf Selbstbestimmung aber keines auf die Souveränität, die Minderheiten oder andere Völker zu unterdrücken. Er wendet sich dezidiert gegen die Zwei-Staaten-Lösung. Sein Vorschlag einer gemeinsamen jüdisch-palästinensischen Föderation mag vielleicht utopisch sein. Doch gibt es eine Alternative? Eine Lesung und ein Gespräch. Das Gespräch wird in Englisch geführt. Omri Boehm, Philosoph und Autor im Gespräch mit Shelley Berlowitz, (jvjp.ch) und Samir. Über den Host: Die Jüdische Stimme für Demokratie und Gerechtigkeit in Israel/Palästina (jvjp) ist ein Verein mit Sitz in Zürich. In der Stimme sind Frauen und Männer mit jüdischem Hintergrund aktiv beteiligt. Als heterogene jüdische Gruppierung pflegen wir den offenen Dialog. Als Nichtregierungsorganisation (NGO) sind sie Teil der schweizerischen Zivilgesellschaft (Forum für Menschenrechte in Israel/Palästina etc.) und des Netzwerkes European Jews for Just Peace (EJJP). Der israelisch-palästinensische Konflikt hat komplexe Ursachen und ist vielschichtig. Beide Gesellschaften hüten ein kollektives Gedächtnis, in dem die Geschichte der anderen Seite nicht vorkommt. Die JVJP erachtet die beidseitige Anerkennung der Geschichte(n) und des Leids der Anderen sowie die Anerkennung des begangenen und gegenwärtigen Unrechts als Voraussetzung für eine gemeinsame Zukunft. KOSMOPOLITICS ZWISCHENDURCH – Die Montagsreihe im Virtuellen Kosmos Kosmopolitics, nomen est omen, handelt von der Welt und behandelt gesellschaftliche, politische, soziale und wissenschaftliche Themen – Fragen, die uns beschäftigen. Die Diskussionsreihe Kosmopolitics lebt von der Debatte, den Interaktionen mit realen Menschen vor und auf der Bühne. Dies ist momentan zwar nicht möglich, doch machen wir in Zusammenarbeit mit der WoZ im virtuellen Raum weiter, bis wir auch wieder physisch zusammen debattieren können. Bis dahin gilt «Zwischendurch»: Drei Menschen, drei Kameras und eine konzentrierte Stunde, um ein gesellschaftspolitisch wichtiges Thema vertiefend zu diskutieren. Live per Stream auf virtuellerkosmos.ch und jederzeit danach auf dem Kosmos Youtube-Kanal.
Omri Boehm: „Israel – eine Utopie“ Ein Staat für alle
Der israelische Philosoph Omri Boehm sucht einen Weg aus der verfahrenen Situation des Nahostkonflikts. Er findet ihn in der Idee eines postnationalen Staates.
Seit über siebzig Jahren gibt es einen jüdischen Staat. Erdacht und aufgebaut von europäischen Juden, die Jahrhunderte lang immer wieder Gewalt und Diskriminierung erlebt hatten. Nach der Erfahrung des Holocaust stimmte die Weltgemeinschaft 1947 für eine Teilung des damaligen britischen Mandatsgebiets Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Teil. Die Juden akzeptierten dankbar, die Araber verweigerten ihre Zustimmung, friedliches Zusammenleben oder gut nachbarschaftliches Nebeneinander ist bislang nicht gelungen.
Hoffnung auf eine tragfähige Zweistaatenlösung brachten die Osloer Verträge in den 1990er Jahren. Heute jedoch ist offenbar: Israel wird nicht 700.000 jüdische Siedler aus besetztem palästinensischen Gebiet ins israelische Kernland umsiedeln. Im Gegenteil: die Regierung Netanjahu schickt sich an, mit dem Segen der USA diese Gebiete zu annektieren.
Ein Buch, das weh tut
Der israelische Philosoph Omri Boehm nimmt das zum Anlass, mit seinem neuen Buch all jene und insbesondere die Deutschen, die noch immer von einer Zweistaatenlösung träumen, aus ihrem „dogmatischen Schlummer“ zu wecken. „Israel – eine Utopie“ ist ein Buch, das weh tut. Denn der Autor räumt in fünf Kapiteln mit vielen Vorstellungen auf, an denen liberale Israelfreunde hierzulande schlafwandlerisch festhalten.
Eine Idee von 1977
Inspiriert ist Boehms Utopie auch von der „Republik Haifa“, Israels drittgrößter Stadt, in der er, anders als in Tel Aviv oder Jerusalem, „Araber und Juden wie selbstverständlich die Liebe, das Gespräch und das Leben miteinander teilen“ sieht. Und ebenso, das ist die kleine Sensation dieses Buches, von einem Vorschlag, über den der rechte Ministerpräsident Menachem Begin 1977 im israelischen Parlament bereits abstimmen ließ. Er sieht Autonomie und die israelische Staatsbürgerschaft für die Palästinenser vor und ist ein Absehen von der Forderung nach einem jüdischen Staat.
Für das gedeihliche Zusammenleben der Ethnien fordert Boehm die „Kunst des Vergessens“. So nennte er „eine Politik, die daran erinnert den Holocaust und die Nakba zu vergessen, um sie nicht länger als Säulen unserer Politik zu verewigen, sondern abzutragen.“
Dass derzeit für solche Überlegungen weder auf palästinensischer noch auf jüdischer Seite eine Mehrheit zu finden ist, spricht nicht gegen das Buch. Es ist klar in der Analyse bestehender Verhältnisse, bestimmt in seiner Argumentation, originell in der Aktualisierung vergangener Diskurse und notwendig hinsichtlich einer demokratischen Perspektive für Israel.
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